Bußgeldverfahren – Verjährung

Normen

§ 78 StGB

§ 78a StGB

§ 78b StGB

§ 78c StGB

§ 376 AO

§ 384 AO

§ 396 Abs. 3 AO

§ 153a Abs. 3 StPO

§ 31 OWiG

§ 32 OWiG

§ 33 OWiG

Information

1. Allgemeines

Die Verfolgungsverjährung nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten schließt nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Anordnung von Nebenfolgen aus (§ 31 Abs. 1 S. 1 OWiG). Damit kehrt allein durch Zeitablauf von selbst der Rechtsfrieden wieder ein. Somit dient die Verjährung dem Ausgleich von Gerechtigkeit, dem Rechtsfrieden sowie der Rechtssicherheit. Die Verfolgung einer Steuerordnungswidrigkeit nach Ablauf eines längeren Zeitraumes würde vermutlich nur zu neuer Unruhe zwischen den beteiligten Parteien führen. Die Verfolgungsverjährung ist von Amts wegen zu prüfen. Ein Antrag hierfür ist weder vorgesehen noch notwendig. Es ist nach dem Zweifelssatz „in dubio pro reo“ zu verfahren.

Für die Verfolgungsverjährung bei Steuerordnungswidrigkeiten gelten gemäß § 377 Abs. 2 AO die Vorschriften des Ersten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, soweit die Bußgeldvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen. Die Verfolgungsverjährung ist geregelt in den §§ 31 bis 33 OWiG und werden ergänzt durch § 384 AO mit seiner Regelung zur Verjährungsfrist.

Von der Verfolgungsverjährung bei Steuerordnungswidrigkeiten ist die Vollstreckungsverjährung im Sinne des § 34 OWiG sowie die steuerliche Festsetzungsverjährung nach den §§ 169 bis 171 AO zu unterscheiden. Hierbei sind völlig unterschiedliche Kriterien anzuwenden.

2. Wirkung der Verfolgungsverjährung – § 31 Abs. 1 OWiG

Mit Eintritt der Verfolgungsverjährung ist ein Verfahrenshindernis gegeben. Das bedeutet zum Einen, dass bereits eingeleitete Bußgeldverfahren von den Strafverfolgungsbehörden der Finanzverwaltung, der Straf- und Bußgeldsachenstelle, gemäß § 46 OWiG, § 377 Abs. 2 AO i.V.m § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden. Zum Anderen darf hinsichtlich verjährter Steuerordnungswidrigkeiten ein Bußgeldverfahren nicht mehr eingeleitet werden.

Der Eintritt eines Verfahrenshindernisses bedeutet, dass der Betroffene eines Bußgeldverfahrens mit Eintritt der Verjährung nicht mehr oder nicht weiter verfolgt beziehungsweise sanktioniert werden darf. Eine Bußgeldfreiheit tritt hingegen nicht ein bzw. wird nicht festgestellt.

Hinweis:

Es ist zu beachten, dass die Verfolgungsverjährung für jede einzelne Gesetzesverletzung einer materiell-rechtlichen Ordnungswidrigkeit zu prüfen ist. Daraus folgt, dass lediglich dann ein umfängliches Verfahrenshindernis vorliegt, wenn die Ordnungswidrigkeit lediglich mit einer Gesetzesverletzung einhergeht. Werden mit einer Ordnungswidrigkeit mehrere Gesetze verletzt, so ist die Verjährung für jede einzelne Gesetzesverletzung gesondert zu prüfen. Aufgrund der unterschiedlichen Verjährungsfristen und/oder bei unterschiedlichem Verjährungsbeginn können innerhalb einer materiell-rechtlichen Ordnungswidrigkeit die Gesetzesverletzungen zu verschiedenen Zeitpunkten in die Verjährung laufen.

Die Straf- und Bußgeldsachenstelle wird bei einer Ahndung von nicht verjährten Steuerordnungswidrigkeiten die verjährten Gesetzesverletzungen bußgeldschärfend berücksichtigen. Dies erfolgt dann in aller Regel jedoch nicht in voller Höhe (BGH, 16.01.1990 – 4 StR 631/89, wistra 1990, 146; BGH, 22.03.1994 – 4 StR 117/94, wistra 1994, 223).

Die Verfolgungsverjährung ist daher von Amts wegen insbesondere vor Einleitung des Bußgeldverfahrens und auch bei dessen bevorstehendem Abschluss eines hinsichtlich der einzelnen vorzuwerfenden (Steuer-)Ordnungswidrigkeiten zu prüfen.

Wird das Bußgeldverfahren wegen des Eintritts der Verjährung im Sinne des §§ 78 ff. StGB i.V.m. § 46 OWiG, § 377 Abs. 2 AO infolge Zeitablauf eingestellt, so fallen die Verfahrenskosten der Staatskasse zur Last (§§ 464 Abs. 1, 464a Abs. 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).

Hinsichtlich der Erstattung von notwendigen Auslagen (§§ 464 Abs. 1, 464a Abs. 2 StPO, § 105 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG) im Verfahren ist darauf abzustellen, ob bereits Anklage erhoben worden ist oder nicht und ob das Verfahrenshindernis bereits vor oder erst nach Anklageerhebung eingetreten ist. (§§ 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG). Dabei darf grundsätzlich nicht außer Acht gelassen werden, ob der Eintritt des Verfahrenshindernisses im Vorfeld bereits absehbar war und eine Prüfung nur vernachlässigt worden ist oder erst im laufenden Ermittlungsverfahren aufwendig und langwierig festgestellt werden musste. War der Eintritt der Verjährung somit bereits erkennbar, kann die Erstattung der notwendigen Auslagen durchaus verweigert werden.

3. Verjährungsfristen – § 31 Abs. 2 OWiG, § 384 AO

Die Verjährungsfristen richten sich grundsätzlich nach der Höhe der Bußgeldandrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Handlung verwirklicht (§ 31 OWiG). Die Überschreitung des gesetzlichen Höchstmaßes bei einer Geldbuße zum Zwecke der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils gemäß § 17 Abs. 4 OWiG ist verjährungsmäßig ohne Bedeutung und verlängert somit nicht die Frist. Maßgeblich ist allein die Androhung des Bußgeldes.

Für Steuerordnungswidrigkeiten gemäß §§ 378 bis 380 AO ergibt sich aus § 384 AO eine Sonderregelung. Demnach beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist für diese Handlungen ebenfalls 5 Jahre.

Die Verjährungsfristen für Ordnungswidrigkeiten, für deren Verfolgung die Straf- und Bußgeldsachenstelle als Verfolgungsbehörde zuständig ist, ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:

Ordnungswidrigkeiten

Verjährungsfrist

Rechtsgrundlage

Leichtfertige Steuerverkürzung § 378 AO

5 Jahre

§ 384 AO

Steuergefährdung § 379 AO

5 Jahre

§ 384 AO

Gefährdung der Abzugsteuern § 380 AO

5 Jahre

§ 384 AO

Unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen § 383 AO

3 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, § 383 Abs. 2 AO

Vorsätzliche Verletzung von Aufbewahrungs-, Melde-, Berichtigungs- und Vorlegepflicht § 26a UStG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 26a Abs. 2 UStG

Leichtfertige Verletzung von Aufbewahrungs-, Melde-, Berichtigungs- und Vorlegepflicht § 26a UStG

1 Jahr

§ 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG, § 26a Abs. 2 UStG,
§ 17 Abs. 2 OWiG

Schädigung des Umsatzsteuer-Aufkommens § 26b UStG

3 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, § 26b Abs. 2 UStG

Vorsätzliche Verletzung von Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten gem. § 45d EStG, § 50e EStG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 50e Abs. 2 EStG

Leichtfertige Verletzung von Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten gem. § 45d EStG, § 50e EStG

1 Jahr

§ 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG, § 50e Abs. 2 EStG,
§ 17 Abs. 2 OWiG

Unterlassung der Anzeige u.a. durch Kreditinstitute im Todesfall § 33 ErbStG

6 Monate

§ 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG, § 33 Abs. 4 ErbStG,
§ 17 Abs. 1 OWiG

Pflichtverletzung bei juristischer Person, Verein oder Personenhandelsgesellschaft § 30 OWiG
bei einer Straftat

3 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, § 30 Abs. 2 OWiG

Pflichtverletzung bei juristischer Person, Verein oder Personenhandelsgesellschaft § 30 OWiG
bei einer Ordnungswidrigkeit

richtet sich nach angedrohtem Höchstmaß der entsprechenden Geldbuße

§ 30 Abs. 2 S. 2 OWiG

vorsätzliche Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen § 130 OWiG
mit Strafe bedroht

5 Jahre

§ 131 Abs. 3 OWiG, § 384 AO – Fiktion: Handlung wäre nur mit Geldbuße bedroht

vorsätzliche Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen § 130 OWiG
mit Geldbuße bedroht

6 Monate bis 5 Jahre

§ 130 Abs. 3 S. 2 OWiG – richtet sich nach angedrohtem Höchstmaß der entsprechenden Geldbuße unter Beachtung § 17 Abs. 2 OWiG

fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen § 130 OWiG
mit Strafe bedroht

5 Jahre

§ 131 Abs. 3 OWiG, § 384 AO – Fiktion: Handlung wäre nur mit Geldbuße bedroht

fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen § 130 OWiG
mit Geldbuße bedroht

6 Monate bis 5 Jahre

§ 130 Abs. 3 S.2 OWiG, § 17 Abs. 2 OWiG richtet sich nach der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der entsprechenden Geldbuße

unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen § 5 StBerG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen § 7 StBerG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

unaufgefordertes Anbieten zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen (Werbeverbot) § 8 StBerG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

unbefugte Bezeichnung § 161 StBerG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

Verletzung der den Lohnsteuerhilfevereinen obliegenden Pflichten § 162 Abs. 1 Nr. 2 – 5 und 7 StBerG

2 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

Verletzung der den Lohnsteuerhilfevereinen obliegenden Pflichten § 162 Abs. 1 StBerG

1 Jahr

§ 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG, § 160 Abs. 2 StBerG

andere wirtschaftliche Tätigkeit des Lohnsteuerhilfevereins § 26 Abs. 2 StBerG

3 Jahre

§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, § 163 Abs. 2 StBerG

Hinweis:

Im Bereich der von der Straf- und Bußgeldsachenstelle zu verfolgenden Ordnungswidrigkeiten nimmt der § 130 OWiG mit seiner Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen eine besondere Position ein. Dies ist in der oben dargestellten Tabelle zu sehen, da in diesem Bereich über eine sogenannte Fiktion gearbeitet wird.

Gemäß § 131 Abs. 3 OWiG gelten für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 130 OWiG auch die Verfahrensvorschriften entsprechend, die bei der Verfolgung der Handlung dann anzuwenden wären, wenn die mit Strafe bedrohte Pflichtverletzung nur mit Geldbuße bedroht wäre (Fiktion).

Für die Verjährungsbestimmungen als Verfahrensvorschriften bedeutet dies:

  1. Ist für die zugrunde liegenden Tat eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gegeben, so gilt diese auch für die Aufsichtspflichtverletzungen im Sinne des § 130 OWiG. Hierbei ist ebenfalls § 384 AO als Verfahrensvorschrift zu beachten, der für Steuerordnungswidrigkeiten eine Verjährungsfrist von fünf Jahren bestimmt.

  2. Ist die Ordnungswidrigkeit vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden und wird mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtsverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Dies gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß für eine mit Strafe bedrohte Pflichtverletzung übersteigt.

  3. Zusätzlich ist § 17 Abs. 2 OWiG zu beachten, wonach bei Androhung einer Geldbuße sowohl für vorsätzliches als auch für fahrlässiges Handeln ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, ein fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden darf.

4. Beginn der Verfolgungsverjährung – § 31 Abs. 3 OWiG

Die Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten beginnt gemäß § 31 Abs. 3 OWiG, sobald die Handlung beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt. Für die Beurteilung des Verjährungsbeginns sind somit sowohl die formelle Vollendung der Handlung als auch die materielle Beendigung der Handlung zu bestimmen. Beide Zeitpunkte können identisch sein, müssen es aber nicht. Die Verjährung beginnt mit Eintritt des späteren der beiden Zeitpunkte.

Vollendung der Handlung
Die Steuerordnungswidrigkeit ist vollendet, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der Ordnungswidrigkeit erfüllt sind und somit eine Ahndung möglich ist.

Beendigung der Tat
Die Steuerordnungswidrigkeit als Erfolgsdelikt ist erst dann beendet, wenn der Erfolg endgültig eingetreten ist und insofern ihren tatsächlichen Ausklang gefunden hat. Bei einem tauglichen Versuch tritt die Beendigung der Handlung erst mit der Bestandskraft der Steuer ein. Bei einem untauglichen Versuch tritt die Beendigung bereits mit dem Ende der Tätigkeit ein, die der Vollendung der Handlung dienen soll.

Für Steuerordnungswidrigkeiten gemäß §§ 378 bis 380 AO gelten an sich die gleichen Grundsätze bezüglich der Bestimmung für die Vollendung beziehungsweise Beendigung der Handlung, denn die Steuerordnungswidrigkeiten werden in ihrer Begehungsweise wie Steuerstraftaten begangen, jedoch nicht vorsätzlich, sondern gemäß § 378 Abs. 1 AO leichtfertig. Insofern gelten für die Bestimmung der Zeitpunkte für die Vollendung und Beendigung der Handlung die Ausführungen zur (Straf-)Verfolgungsverjährung von Steuerstraftaten (Darstellung unter Steuerstrafverfahren – Verfolgungsverjährung), insbesondere in Zusammenhang mit dem dort dargestellten Grundschema.

Für die Verfolgungsverjährung sind aufgrund der vielfältigen Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Steuerordnungswidrigkeiten folgende Besonderheiten zu beachten:

  1. § 130 OWiG Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen
    Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen. In diesen Fällen beginnt die Verjährung der unterlassenen Aufsichtsmaßnahme mit der Beendigung der nicht verhinderten oder nicht wesentlich erschwerten Zuwiderhandlung.

  2. § 379 AO Steuergefährdung (Auszug)
    Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind, oder Belege gegen Entgelt in den Verkehr bringt oder nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig verbucht oder verbuchen lässt und dadurch ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Bei der Steuergefährdung als Erfolgsdelikt beginnt die Verjährung erst mit Eintritt des Erfolgs, sprich mit Bekanntgabe des entsprechenden Steuerbescheides.

  3. § 380 AO Gefährdung der Abzugsteuern
    Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig seiner Verpflichtung, Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen, nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt. Die Verjährung im Falle dieses Erfolgdelikts beginnt ebenfalls mit Bekanntgabe der entsprechenden unrichtigen Verwaltungsakte.

5. Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist

Der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem der tatbestandsmäßige Erfolg beendet ist. Dies ist der erste Tag der Verjährungsfrist. Der letzte Tag der Frist ist der diesem im Kalenderjahr vorangehende Tag.

Beispiel:

Bei einer Beendigung der Steuerordnungswidrigkeit am 01.11.2008 und einer Verjährungsfrist von fünf Jahren endet die Frist mit Ablauf des 31.10.2013.

Hierbei ist unerheblich, ob der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt. Dies steht im Gegensatz zur sonst üblichen Fristenberechnung (§ 43 Abs. 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).

6. Ruhen der Verfolgungsverjährung – § 32 OWiG

Gemäß § 32 Abs. 1 OWiG ruht die Verjährung, solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Handlung nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag oder Ermächtigung fehlen.

Die Verfolgungsverjährung ruht insofern, als ihr Ablauf gehemmt wird (Ablaufhemmung). Endet die Ruhezeit, so wird diese an den noch nicht verbrauchten Teil der Frist wieder angehängt. Es beginnt keine neue Verjährungsfrist.

Die Ruhezeit ist auf die einzelne Handlung anzuwenden. Die Handlung oder der Betroffene müssen der Verfolgungsbehörde für ein Ruhen der Verfolgungsverjährung nicht bekannt sein. Dennoch wirkt das Ruhen der Verjährung nur für denjenigen Betroffenen, der auch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 OWiG in seiner Person verwirklicht.

Das Ruhen der Verfolgungsverjährung spielt in der Praxis eher eine untergeordnete Rolle.

7. Unterbrechung der Verfolgungsverjährung – § 33 OWiG

Die Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten wird gem. § 33 Abs. 1 OWiG unterbrochen. Damit soll verhindert werden, dass eine Verfolgung der Ordnungswidrigkeit während des laufenden bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch Zeitablauf ausgeschlossen wird. Die absolute Verjährungsfrist bleibt trotz des jeweiligen neuen Verjährungsbeginns jedoch weiter zu beachten.

Die Unterbrechungshandlungen, die zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz führen, sind im Wesentlichen im § 33 OWiG aufgezählt. In der Praxis sind insbesondere von Bedeutung:

  1. die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG);

  2. jede richterliche Vernehmung des Betroffenen oder deren Anordnung (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 OWiG);

  3. jede Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten (§ 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG);

  4. die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jede Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht (§ 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG);

  5. die Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die Verwaltungsbehörde nach § 43 OWiG (§ 33 Abs. 1 Nr. 8 OWiG);

  6. der Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung (§ 33 Abs. 1 Nr. 15 OWiG).

Gemäß § 33 Abs. 2 OWiG ist die Verfolgungsverjährung bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung unterzeichnet wird. Ist das Schriftstück nicht alsbald nach der Unterzeichnung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung verhindert den Wegfall der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit infolge von Zeitablauf im laufenden Ermittlungsverfahren. Mit der Unterbrechung wird der bereits abgelaufene Teil der Verjährungsfrist gänzlich beseitigt, denn nach jeder der o.g. Unterbrechungshandlungen beginnt am Tage der Unterbrechung die Verjährung von neuem (§ 33 Abs. 3 S. 1 OWiG). Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 OWiG bezeichneten Zeitpunkt (Beginn der Verjährung mit Beendigung der Handlung) das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist, mindestens jedoch zwei Jahre (§ 33 Abs. 3 S. 2 OWiG). Wird jemandem in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung zur Last gelegt, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, so gilt als absolute Verjährungsfrist die Frist, die sich aus der Strafandrohung ergibt. Ein Ruhen der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 32 OWiG bleibt hiervon unberührt.

Hinweis:

Dabei ist zu beachten, dass im Falle des § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG (Vernehmung des Betroffenen) nur die jeweils erste Maßnahme die Verjährung unterbricht.

Gemäß § 33 Abs. 4 OWiG wirkt die Unterbrechung nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Hierfür ist es erforderlich, dass die Person des Täters im Zeitpunkt der Vornahme der Unterbrechungshandlung bereits bekannt ist. Dies ist in Zweifelsfällen immer dann anzunehmen, wenn seine Personalien ermittelt worden und sie somit aktenkundig sind. Hierbei ist zu beachten, dass die Verfolgungsverjährung in den Fällen (Auszug)

  • der ersten Vernehmung des Betroffenen, der Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder der Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe;

  • jeder richterlichen Vernehmung des Betroffenen oder deren Anordnung;

  • jeder Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters und jeder richterlichen Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten;

  • der vorläufigen Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jeden Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht;

  • des Strafbefehls oder einer anderen dem Urteil entsprechenden Entscheidung,

auch dann eintritt, wenn die Handlung auf die Verfolgung der Tat als Straftat gerichtet ist.

Hinweis:

Ist gegen den Betroffenen bislang lediglich ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden, so wird gemäß § 376 AO die Verfolgung einer Steuerstraftat auch dadurch unterbrochen, dass dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet worden ist.

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