Fortbildungskosten
§ 9 Abs. 1 EStG
§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG
§ 12 Nr. 5 EStG
Inhaltsübersicht
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1. Allgemeines
Die Schwierigkeiten, die häufig in der Praxis auftauchen, liegen darin, die Kosten einer Berufsausbildung von denen einer Berufsfortbildung abzugrenzen. Letztere können der Höhe nach unbegrenzt als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden. Der BFH hat verstärkt Aufwendungen zum vollen Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zugelassen. Vgl. hierzu auch die Stichworte Ausbildungskosten / Weiterbildungskosten sowie Ausbildungskosten / Weiterbildungskosten (ABC).
Beispiel:
Eine 55-jährige Steuerpflichtige studiert Kunstgeschichte. Das Finanzamt versagt den Werbungskostenabzug.
Der BFH sieht auch eine mangelnde berufliche Veranlassung bei einem sog. Seniorenstudium (BFH, 10.02.2005 – VI B 33/04).
2. Abzugsbeschränkungen
Der Gesetzgeber zählt die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium ausdrücklich zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung (§ 9 Abs. 6 EStG). Gleichzeitig wird aber grundsätzlich ein erhöhter Sonderausgabenabzug von bis zu 6.000 EUR zugelassen (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 12 Nr. 5 EStG).
Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen, gilt der Höchstbetrag für jeden Ehegatten.
Zu den bis zu 6.000 EUR begünstigten Aufwendungen gehören auch Kosten für eine auswärtige Unterbringung. Bei der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen sind die Regelungen zur Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen und Arbeitszimmerkosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 und 6b EStG), Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 2 EStG) sowie Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG) anzuwenden.
Ausbildungsdienstverhältnis:
Die Kosten der erstmaligen Berufsausbildung oder des Erststudiums sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Aufwendungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses (Ausbildungsdienstverhältnis) entstehen (z.B. bei Beamtenanwärtern).
Weitere Berufsausbildungen/Studiengänge:
Entstehen Aufwendungen für eine weitere Berufsausbildung/ein weiteres Studium außerhalb eines Dienstverhältnisses, sind diese immer dann als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht. Eine Erstausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG liegt nur vor, wenn es sich um eine geordnete Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Ausbildung z.B. nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung) handelt. Die Ausbildungsdauer muss grundsätzlich mindestens 12 Monate umfassen.
Fortbildungs- und Umschulungskosten:
Soweit berufliche Bildungsmaßnahmen nach dem Erwerb einer ersten Berufsausbildung oder nach dem ersten Studium erfolgen, sind diese in vollem Umfang als Werbungskosten abzugsfähig. Somit sind Aufwendungen für die Fortbildung in dem bereits erlernten Beruf und für die einen Berufswechsel vorbereitenden Umschulungsmaßnahmen, unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses, grds. als (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar. Aufwendungen für NLP- und Supervisionskurse können zu Werbungskosen führen.
Die Berufsausbildung ist als erstmalige Berufsausbildung anzusehen, wenn ihr keine andere abgeschlossene Berufsausbildung beziehungsweise kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen ist. Wird ein Steuerpflichtiger ohne entsprechende Berufsausbildung in einem Beruf tätig und führt die zugehörige Berufsausbildung nachfolgend durch (nachgeholte Berufsausbildung), handelt es sich dabei um eine erstmalige Berufsausbildung.
Wechsel und Unterbrechung des Studiums: Bei einem Wechsel des Studiums ohne Abschluss des zunächst betriebenen Studiengangs, z.B. von Rechtswissenschaften zu Medizin, stellt das zunächst aufgenommene Jurastudium kein abgeschlossenes Erststudium dar. Bei einer Unterbrechung eines Studiengangs ohne einen berufsqualifizierenden Abschluss und seiner späteren Weiterführung stellt der der Unterbrechung nachfolgende Studienteil kein weiteres Studium dar.
Als berufsqualifizierender Studienabschluss gilt auch der Abschluss eines Studiengangs, durch den die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst oder eine berufliche Einführung vermittelt wird. Dazu zählt beispielhaft der jur. Vorbereitungsdienst (Referendariat). Das erste juristische Staatsexamen stellt daher einen berufsqualifizierenden Abschluss dar. In der Referendarzeit fallen daher Fortbildungskosten an.
Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass dem Promotionsstudium und der Promotion der Abschluss eines Studiums vorangeht. Aufwendungen für ein Promotionsstudium und die Promotion stellen Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern ein berufsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist. Dies gilt auch, wenn das Promotionsstudium bzw. die Promotion im Einzelfall ohne vorhergehenden berufsqualifizierenden Studienabschluss durchgeführt wird.
Studien- und Prüfungsleistungen an ausländischen Hochschulen, die zur Führung eines ausländischen akademischen Grades berechtigen, der nach § 20 HRG in Verbindung mit dem Recht des Landes, in dem der Gradinhaber seinen inländischen Wohnsitz oder inländischen gewöhnlichen Aufenthalt hat, anerkannt wird, sowie Studien- und Prüfungsleistungen, die von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der EU oder von Vertragstaaten des EWR oder der Schweiz an Hochschulen dieser Staaten erbracht werden, sind nach diesen Grundsätzen inländischen Studien- und Prüfungsleistungen gleichzustellen. Der Steuerpflichtige hat die Berechtigung zur Führung des Grades nachzuweisen. Für die Gleichstellung von Studien- und Prüfungsleistungen werden die in der Datenbank „anabin“ (www.anabin.de) der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz aufgeführten Bewertungsvorschläge zugrunde gelegt.
Berufsakademien und andere Ausbildungseinrichtungen:
Nach Landesrecht kann vorgesehen werden, dass bestimmte an Berufsakademien oder anderen Ausbildungseinrichtungen erfolgreich absolvierte Ausbildungsgänge einem abgeschlossenen Studium an einer Fachhochschule gleichwertig sind und die gleichen Berechtigungen verleihen, auch wenn es sich bei diesen Ausbildungseinrichtungen nicht um Hochschulen i.S.d. § 1 HRG handelt. Soweit dies der Fall ist, stellt ein entsprechend abgeschlossenes Studium unter der Voraussetzung, dass ihm kein anderes Studium vorangegangen ist, ein Erststudium i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG dar.
3. Erststudium/Erstausbildung
Steuerbürger, die nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium aufnehmen, können die Aufwendungen als Werbungskosten ansetzen. Das BMF hat mit Schreiben v. 22.09.2010 – IV C 4 – S2227/07/10002:002 zur einkommensteuerlichen Behandlung von Berufsausbildungskosten Stellung genommen. Mit dem BMF-Schreiben wird u.a. klargestellt, dass die Aufwendungen für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen nichtakademischen Berufsausbildung berücksichtigt werden können.
4. Berufsbegleitendes Hochschulstudium
Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Zweitstudium können auf jeden Fall als Werbungskosten berücksichtigt werden.
5. Höhe der abziehbaren Erwerbsaufwendungen
Zu den abziehbaren Aufwendungen gehören z.B. – Lehrgangs-, Schul- oder Studiengebühren, Arbeitsmittel, Fachliteratur, – Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsort, – Mehraufwendungen für Verpflegung, – Mehraufwendungen wegen auswärtiger Unterbringung, – Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.
Bis 2013 können Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen PKW mit den tatsächlichen Kosten oder dem amtlichen Kilometersatz von 0,30 EUR/km berücksichtigt werden.
Verpflegungsmehraufwendungen können bei einer mindestens 8-stündigen Abwesenheit von der Wohnung für dieselbe Auswärtstätigkeit für einen Zeitraum von drei Monaten berücksichtigt werden. Es handelt sich um dieselbe Auswärtstätigkeit, wenn der Steuerpflichtige die Aus- oder Fortbildungsstätte an mindestens drei Tagen wöchentlich aufsucht. Wird die Aus- oder Fortbildungsstätte dagegen an nicht mehr als ein bis zwei Tagen wöchentlich aufgesucht, liegt jeweils eine neue Auswärtstätigkeit vor (R 9.6 Abs. 4 Satz 1 LStR). Ab 2014 gilt eine vollzeitlich aufgesuchte Bildugseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte. Ab 2014 können demnach keine Reisekosten mehr geltend gemacht werden.
6. Einzelfragen
Aufwendungen für Fachkongresse können als Werbungskosten abziehbar sein, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht (BFH, 11.01.2007 – VI R 8/05, BStBl II 2007, 457). In dem BFH-Urteil v. 21. 4. 2010 – VI R 66/04 ging es um den Abzug von Aufwendungen für die Teilnahme des Klägers, eines angestellten Unfallchirurgen, an einem sportmedizinischen Wochenkurs als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Fortbildungsveranstaltung fand am Gardasee statt. Die Maßnahme, die von der Ärztekammer für den Erwerb der Zusatzbezeichnung „Sportmedizin“ anerkannt wurde, war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, worunter auch eine Teilnahme an den von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden Dauer fiel. Das Programm des Kurses sah in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag Vorträge vor, während die Zeit von 9:15 bis 15:45 Uhr der Theorie und Praxis verschiedener Sportarten vorbehalten war. Der Kläger wurde von seinem Arbeitgeber für die Fortbildung freigestellt. Während das Finanzamt die Aufwendungen für die Teilnahme an dem Kurs nicht zum Werbungskostenabzug zuließ, gab das Finanzgericht der Klage teilweise mit der Begründung statt, die Aufwendungen seien zur Hälfte beruflich veranlasst. Der BFH bestätigte diese Entscheidung und berief sich dazu auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 01.09.2009 – GrS 1/06.
Zur Klärung der beruflichen Veranlassung bei Teilnahme an Auslandsgruppenreisen sind gem. BFH-Urteil vom 19.01.2012 – VI R 3/11 – auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 – GrS 1/06 – die früher entwickelten Abgrenzungsmerkmale (vgl. Beschluss des BFH vom 27.11.1978 – GrS 8/77) weiter anzuwenden. Dies gilt auch, wenn der Stpfl. mit der Teilnahme an der Reise eine allgemeine Verpflichtung zur Fortbildung erfüllt oder die Reise von einem Fachverband angeboten wird. Der BFH hat bei einer Lehrerin den Aufwand für Studienreisen nach China und Paris nicht – auch nicht anteilig – zum Abzug zugelassen.
Auch fortbildungsbedingte Aufwendungen, die mit Unterhaltsleistungen finanziert bzw. vom Ehegatten auf eine Schuld des Ehepartners geleistet wurden, sind abzugsfähig. Darlehensfinanzierte Aufwendungen sind dabei bereits im Veranlagungszeitraum der Verausgabung der Darlehensmittel steuerermäßigend abzusetzen. Tilgungsraten z.B. auf ein BAföG-Darlehen können nach Studienabschluss nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Ist die Berufsausbildung im Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung bereits abgeschlossen, so kann die Rückzahlung nicht berücksichtigt werden (BFH, 07.02.2008 – VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136).