Freibeträge / Steuersätze

Normen

§ 2 ErbStG

§ 16 ErbStG

§ 17 ErbStG

§ 19 ErbStG

Information

1. Allgemeines

Zu einer Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft hinsichtlich der Regelungen in § 16 Abs. 1 (Freibeträge), § 17 (besonderer Versorgungsfreibetrag), § 15 Abs. 1 (Steuerklassen) und § 19 ErbStG a.F. (Steuersätze) führte der Beschluss des BVerfG vom 21.07.2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 406).

2. Freibeträge, § 16 ErbStG

Die Regelung des § 16 ErbStG unterscheidet hinsichtlich der Höhe der Freibeträge zunächst danach, ob ein Fall der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 3 ErbStG vorliegt (Freibeträge i.H.v. 20.000 EUR bis 500.000 EUR) oder ein Fall der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG (Freibetrag i.H.v.2.000 EUR) gegeben ist.

2.1 Unbeschränkte Steuerpflicht

Ist der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ein Inländer, dann tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall ein (unbeschränkte Steuerpflicht). Wer als Inländer gilt, ist in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a bis d ErbStG geregelt. Als Inländer sind z.B. natürliche Personen zu betrachten, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG).

2.2 Beschränkte Steuerpflicht

Ist dagegen weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erwerber zum Todeszeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung Inländer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, tritt die Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur für den Vermögensanfall ein, der in Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG besteht (beschränkte Steuerpflicht).

Dadurch wird die Steuerpflicht für sog. Gebietsfremde stark begrenzt, z.B. für im Inland befindliches Geldvermögen oder Wertpapierdepots besteht dann in Deutschland keine Steuerpflicht. Auf Grund dieser Sachlage erhalten beschränkt Steuerpflichtige lediglich einen Freibetrag i.H.v. 2.000 EUR (§ 16 Abs. 2 ErbStG).

Hinweis:

Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mattner (EuGH, 22.04.2010 – Rs. C-510/08, EuGHE 2010, I – 3553) verstößt die Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG zumindest dann gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn bei einer Schenkung unter Gebietsfremden nur Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG übertragen wird. Für einen vergleichbaren Erbschaftsteuerfall dürfte nichts anderes gelten. Offen ist bisher jedoch, wie die Rechtslage wäre, wenn der Erwerber nicht nur Inlands-, sondern auch Auslandsvermögen erhält (vgl. hierzu BFH, 21.09.2005 – II R 56/03, BStBl II 2005, 875).

Insoweit ist aber auf ein zur Zeit beim EuGH anhängiges Verfahren zu verweisen (Rs. Welte, C-181/12, Vorabentscheidungsersuchen des FG Düsseldorf v. 2.4.2012 – 4 K 689/12 Erb, EFG 2012, 1486).

Hinweis:

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die beim EuGH anhängigen Klage der EU-Kommission gegen Deutschland bzgl. der Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG. Die Kommission sieht darin, dass Gebietsfremde lediglich einen vermlnderten Freibetrag i.H.v. 2.000 EUR erhalten, eine ungerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.

2.3 Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag, § 2 Abs. 3 ErbStG

Das Urteil in der Rechtssache Mattner hatte zur Folge, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 2 Abs. 3 ErbStG schuf (BeitrRLUmsG v. 7.12.2011, BGBl I 2011, 2592). Danach wird auf Antrag des Erwerbers ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt. Dies gilt allerdings nur, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR hat.

Konsequenz einer Antragsstellung ist, dass auch ein gebietsfremder Erwerber einen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Freibetrags i.S.d. § 16 Abs. 1 ErbStG erlangt. Zu beachten ist jedoch, dass die unbeschränkte Steuerpflicht den gesamten Vermögensanfall umfasst, unabhängig davon „worin das Vermögen besteht und ob es in Deutschland oder einem anderen Staat belegen ist.“ (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 15.3.2012, FinMin. NRW, S 3801-8-V A 6, BStBl I 2012, 328).

Ferner sind nach Antragstellung mehrere innerhalb von zehn Jahren vor dem Vermögensanfall und innerhalb von zehn Jahren nach dem Vermögensanfall von derselben Person anfallende Erwerbe als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und nach Maßgabe des § 14 ErbStG zusammenzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn alle Beteiligten Gebietsfremde sind und sich das erworbene Vermögen vollständig im Ausland befindet. Die Gefahr von Doppelbesteuerungen ist gegeben.

Anzuwenden ist § 2 Absatz 3 ErbStG auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13.12.2011 entsteht (§ 37 Absatz 7 Satz 1 ErbStG). Auf Antrag ist eine Anwendung auch möglich auf Erwerbe, für die die Steuer vor dem 14.12.2011 entsteht, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind (§ 37 Absatz 7 Satz 2 ErbStG).

Praxistipp:

Ob eine Antragstellung sinnvoll ist, kann nur für jeden Einzelfall entschieden werden. Problematisch ist dabei, dass man vielfach nicht weiss, ob innerhalb von zehn Jahren nach dem Vermögensanfall von derselben Person noch weitere Erwerbe anfallen werden. Damit ist im Vorfeld nicht erkennbar, ob dieser Antrag steuerlich günstig ist oder zu höheren Steuern führt. Im Übrigen stellt sich auch die Frage, ob die Regelung des § 2 Abs. 3 ErbStG mit dem europäischen Recht vereinbar ist.

Die Ansicht des BFH in seinem Urteil vom 04.07.2012 (II R 38/10, BStBl II 2012, 782), wonach der Gesetzgeber durch diese Antragsregelung „den unionsrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen“ hat, dürfte nicht zuletzt mit Blick auf die Klage der EU-Kommission äußerst bedenklich sein.

3. Übersicht über Steuerklassen und Freibeträge

Die Steuerklassen bestimmen sich nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker (§ 15 Abs. 1 ErbStG).

Freibetrag in EUR
Steuerklasse I Ehegatte 500.000
Eingetragene Lebenspartner Freibetrag in EUR (nach JStG 2010 als Angehörige der Steuerklasse I) 500.000
Kinder und Kinder verstorbener Kinder 400.000
Enkel 200.000
übrige Personen der Steuerklasse I (Urenkel, weitere Abkömmlinge des Erblassers/Schenkers sowie die Eltern des Erblassers) 100.000
Steuerklasse II Eltern und Großeltern (bei Schenkung) 20.000
Geschwister
Nichten und Neffen
Stiefeltern
Schwiegersohn, Schwiegertochter sowie Schwiegereltern
geschiedene Ehepartner und nach dem JStG 2010 Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft
Steuerklasse III übrige Personen der Steuerklasse III 20.000
eingetragene
Lebenspartner
(die Lebenspartner fallen unter Steuerklasse III für Erwerbe, für die die Steuer bis zum 13.12.2010 entstanden ist, vgl. JStG 2010)
500.000

4. Besonderer Versorgungsfreibetrag, § 17 ErbStG

Dem überlebenden Ehegatten und dem überlebenden Lebenspartner wird – neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – ein besonderer Versorgungsfreibetrag i.H.v. 256.000 EUR gewährt. Ebenfalls Kinder und Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) erhalten – neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG einen besonderen Versorgungsfreibetrag, dessen Höhe vom Alter der Kinder abhängt.

Hinweis:

Aus der Regelung des § 17 ErbStG folgt, dass der besondere Versorgungsfreibetrag nur unbeschränkt und nicht beschränkt Steuerpflichtigen zu gewähren ist.

Der besondere Versorgungsfreibetrag für den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für Kinder sowie Stiefkinder ist um den Kapitalwert der nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Versorgungsbezüge zu kürzen. Dazu zählen insbesondere (R E 17 Abs. 1 ErbStR 2011):

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Beamten auf Grund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder,

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Abgeordneten auf Grund der Diätengesetze des Bundes und der Länder

  • Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen

  • (angemessene) Hinterbliebenenbezüge auf Grund eines zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrags

5. Steuersätze, § 19 ErbStG

Die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer wird (für die Steuer, die nach dem 31.12.2009 entsteht) .nach folgenden Prozentsätzen erhoben (§ 19 Abs. 1 ErbStG):

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10 ErbStG) bis einschließlich … EUR I II III
75.000 7 15 30
300.000 11 20 30
600.000 15 25 30
6.000.000 19 30 30
13.000.000 23 35 50
26.000.000 27 40 50
über 26.000.000 30 43 50

5.1 Progressionsvorbehalt

Nach dem sog Progressionsvorbehalt des § 19 Abs. 2 ErbStG wird, wenn im Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ErbStG ein Teil des Vermögens der inländischen Besteuerung auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entzogen ist, die Steuer nach dem Steuersatz erhoben, der für den ganzen Erwerb gelten würde. Allerdings muss nach Ansicht der Finanzverwaltung (Hinweis E 19 ErbStH 2011) der Progressionsvorbehalt im Doppelbesteuerungsabkommen selbst vorgesehen sein.

5.2 Härteausgleich, § 19 Abs. 3 ErbStG

Nach § 19 Abs. 3 ErbStG wird der Unterschied zwischen der Steuer, die sich bei Anwendung von § 19 Abs. 1 ErbStG ergibt, und der Steuer, die sich berechnen würde, wenn der Erwerb die letztvorhergehende Wertgrenze nicht überstiegen hätte, nur insoweit erhoben, als er

  • bei einem Steuersatz bis zu 30 % aus der Hälfte

  • bei einem Steuersatz über 30 % aus drei Vierteln

des die Wertgrenze übersteigenden Betrages gedeckt werden kann.

Zurück
Nach oben