Freibetrag für Alleinerziehende

Normen

§ 24b EStG

Information

1. Allgemeines

Der Erziehungsbedarf des Kindes wird nach Auffassung des Gesetzgebers sowohl bei zusammenlebenden Eltern als auch bei alleinstehenden Elternteilen mit den Freibeträgen für Kinder ausreichend abgedeckt.

Der frühere Haushaltsfreibetrag wurde zum 01.01.2004 aufgehoben und gleichzeitig der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.308 EUR jährlich (= 109 EUR monatlich) eingeführt. Ab 2015 wurde der Entlastungsbetrag auf 1.908 EUR angehoben. Zugleich wurde eine Erhöungskomponenete von 240 EUR je weiterem Kind eingeführt.

2. Voraussetzungen

Es müssen folgende Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrages vorliegen:

  1. Zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört mindestens ein Kind. Für das Kind muss der Steuerpflichtige Anspruch auf Kindergeld und/oder Freibetrag für Kinder bzw. Freibetrag für Ausbildung/Erziehung/Betreuung haben.

  2. Das Kind muss zum Haushalt des alleinstehenden Steuerpflichtigen gehören. Die Meldung ist ausreichend.

Alleinstehend in diesem Sinne ist ein Steuerpflichtiger,

  1. der die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung nicht erfüllt oder verwitwet ist und

  2. keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet.

3. Rechtsfolgen

Da der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von der Summe der Einkünfte abgezogen wird, wirkt sich dies positiv auf das im Rahmen des § 10d EStG verbrauchte Verlustvolumen und auf die Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung bei der Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastung nach § 33 EStG aus.

4. Kindschaftsverhältnis

§ 24b EStG wurde auf die Fälle ausgedehnt, in denen das Kind, das zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört, das Stiefkind oder Enkelkind des Steuerpflichtigen ist, und dem Steuerpflichtigen für dieses ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Für im ersten Grad verwandte Kinder (leibliche Kinder und angenommene Kinder) sowie Pflegekinder besteht grundsätzlich bereits Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

Beispiel:

Die Eltern des 12-jährigen Schülers P leben in Köln. P geht in München zur Fach-Schule. Er wohnt dort bei dem schon seit Jahren verwitweten und alleinstehenden Großvater G. G hat Anspruch auf das Kindergeld und auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende.

5. Volljährige Kinder

§ 24b EStG betrifft auch die Fälle, in denen das zum Haushalt gehörende Kind das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, und dem Steuerpflichtigen für dieses ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass „alleinerziehenden“ Steuerpflichtigen auch bei einer Haushaltsgemeinschaft mit bereits volljährigen Kindern, für die ihnen ein Freibetrag oder noch Kindergeld zusteht, höhere Lebensführungskosten entstehen, da sich diese Kinder in der Regel tatsächlich nicht wie ein Lebenspartner oder Wohngemeinschaftsangehöriger an der Haushaltsführung beteiligen und hierzu finanziell nicht im nennenswerten Umfang in der Lage sind.

Beispiel:

Bei der alleinstehenden Mutter M lebt deren 19-jährige Tochter, die 2016 ganzjährig die Fachoberschule besucht. Da M Anspruch auf Kindergeld hat, hat sie zugleich Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende.

6. Haushaltszugehörigkeit des Kindes

Bei Meldung des Steuerpflichtigen und seines Kindes mit Haupt- oder Nebenwohnsitz unter einer gemeinsamen Adresse wird durch die Neuregelung gesetzlich fingiert, dass das Kind zum Haushalt gehört. Es wird ein räumliches Zusammenleben bei gemeinsamer Versorgung unterstellt.

Auf die alleinige Meldung mit Hauptwohnsitz in der Wohnung des Elternteils kommt es nicht an. Insbesondere in Fällen der auswärtigen Unterbringung zur Schul- und Berufsausbildung reicht es aus, dass das Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, nur mit Nebenwohnsitz in seiner Wohnung gemeldet ist. Ein eigener finanzieller Beitrag des Kindes muss nicht erbracht werden. Ein von der Meldung ggf. abweichender tatsächlicher Wohnsitz ist unerheblich. Eine Prüfung durch das Finanzamt bzw. die Gemeinde findet insoweit nicht statt. Es reicht aus, wenn das Kind zumindest an einem Tag des jeweiligen Kalendermonats gemeldet ist.

Beispiel:

Student S studiert in Hamburg und ist dort mit Hauptwohnung gemeldet. Die Eltern sind geschieden. Zum Vater hat er keinen Kontakt mehr. Bei der alleinstehenden, in Bremen lebenden Mutter M ist er mit Nebenwohnung gemeldet. M hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Die Meldung reicht ohne weitere Prüfung der Haushaltszugehörigkeit aus.

Die Meldung ist aber nicht zwingende materiell-rechtliche Voraussetzung. Die formelle Meldung ist lediglich ein Indiz für die Haushaltszugehörigkeit. Unter tatsächlicher Haushaltsaufnahme ist das örtlich gebundene Zusammenleben gemeint. Ein Kind gehört (noch) zum Haushalt, wenn es im Rahmen seiner Möglichkeiten regelmäßig in den Haushalt des Elternteils zurückkehrt. Demzufolge gehört zum Haushalt auch ein auswärts studierendes Kind ohne bei einem Elternteil gemeldet zu sein, es sei denn, zum Elternhaus besteht keine Verbindung mehr. Wohnt ein Kind dagegen in einer studentischen Wohngemeinschaft in unmittelbarer Nähe zur elterlichen Wohnung, wird eher vermutet, dass der Auszug des Kindes – anders als bei auswärts studierenden Kindern – erfolgt, um bei Beibehaltung des örtlichen Lebensmittelpunktes einen eigenen Hausstand zu führen.

Beispiel:

Student S studiert in Hamburg und ist dort mit Hauptwohnung gemeldet. Die verwitwete Mutter lebt in München. S ist nicht bei der Mutter gemeldet. Er fährt aber regelmäßig ein- bis zweimal im Monat nach Hause. In der Wohnung der Mutter steht ihm auch noch ein eigenes Zimmer zur Verfügung. Die Mutter hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag.

7. Anspruchskonkurrenz zwischen Elternteilen

Ist das Kind mit Haupt- und Nebenwohnsitz bei mehreren Steuerpflichten gemeldet, beispielsweise sowohl in der Wohnung der Mutter als auch in der Wohnung des von dieser getrenntlebenden Vaters, wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b Abs. 1 Satz 3 EStGnur einmal gewährt. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steht grundsätzlich demjenigen Alleinerziehenden zu, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergeldes erfüllt oder erfüllen würde in Fällen, in denen nur ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht. Auf die Zahlung des Kindergeldes nach § 74 EStG kommt es dabei nicht an. Das Kindergeld wird bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Beispiel:

Der 10-jährige Peter wohnt ausschließlich bei seiner Mutter in Köln. Mit Nebenwohnsitz ist P auch in der Wohnung des von der Mutter dauernd getrenntlebenden Vaters in Dortmund gemeldet. M hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag, da sie wegen der Haushaltsaufnahme von P Anspruch auf Kindergeld hat.

Für getrenntlebende Eltern von zwei gemeinsamen Kindern besteht – sofern die Elternteile beide alleinstehend sind – die Möglichkeit, dass beide den Entlastungsbetrag erhalten. Voraussetzung ist, dass jeder Elternteil eines der Kinder in seine Wohnung aufnimmt.

Beispiel:

Die Eltern der beiden minderjährigen Kinder leben getrennt. Der Sohn lebt beim Vater und die Tochter bei der Mutter. Ab 01.01.2016 ist der Sohn beim Vater und die Tochter bei der Mutter jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet. Vater und Mutter erhalten für 2016 jeweils den Alleinerziehenden-Freibetrag.

In Fällen, in denen sich das Kind annähernd gleichem Umfang wechselweise bei seinen getrennt lebenden Eltern aufhält, können laut BFH die Eltern – unter Umständen auch nachträglich – einvernehmlich bestimmen, wer den Entlastungsbetrag geltend macht, es sei denn, ein Elternteil hat bei seiner Einkommensteuerfestsetzung oder über die Steuerklasse II bei seinem Arbeitgeber den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen. Der Entlastungsbetrag kann daher unabhängig davon, wem das Kindergeld ausgezahlt wird, von demjenigen Elternteil abgezogen werden, für den sich die größere Steuerersparnis ergibt. Nur wenn die Eltern sich nicht einigen können oder keine Bestimmung treffen, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Elternteil zu, der das Kindergeld erhält (BFH, 28.04.2010 – III R 79/08). Im Streitfall erzielte nur der Vater steuerpflichtige Einkünfte, der Kindergeldanspruch stand der Mutter zu, die den Entlastungsbetrag steuerlich nicht nutzen konnte. Der Vater beantragte den Entlastungsbetrag und konnte ihn im Ergebnis in Anspruch nehmen.

Urteil des FG Berlin-Brandenburg v. 13.08.2008 – 7 K 7038/06 B: Das Kind war in dem Urteilsfall bei beiden Elternteilen gemeldet, mit Hauptwohnung bei der Mutter und mit Nebenwohnung beim Vater. Das Kind lebte am Wochenende und in den Ferien beim Vater. Die Mutter hatte keinen Anspruch, da sie wieder geheiratet hatte. Das FA hatte dem Vater den Entlastungsbetrag unter Hinweis auf § 24b Abs. 1 Satz 3 EStG verwehrt, da die Mutter einen eigentlich vorrangigen (Kindergeld-)Anspruch hat. Das FG hat dem Vater den Entlastungsbetrag zugesprochen. Das Urteil des FG BB ist rechtskräftig geworden, obwohl Revision zugelassen war. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil an.

8. Alleinstehender Elternteil

Der Steuerpflichtige ist nach § 24b Abs. 3 EStG grundsätzlich nicht alleinstehend, d.h. es steht der Gewährung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende entgegen, wenn in der gemeinsamen Wohnung des Steuerpflichtigen und des Kindes im Sinne des § 24b Abs. 1 EStG eine andere volljährige Person lebt, mit der eine Haushaltsgemeinschaft gebildet wird.

Als Haushaltsgemeinschaften kommen insbesondere in Betracht: Nichteheliche, aber eheähnliche (Lebens-)Gemeinschaften, eingetragene Lebenspartnerschaften oder „Wohngemeinschaften“ mit einem Lebenspartner in nichteheähnlicher Gemeinschaft, mit Studierenden, Großeltern, Geschwistern oder weiteren volljährigen Kindern, für die weder Anspruch auf Kindergeld noch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht, aber auch mit nicht dauernd getrenntlebenden Ehegatten.

Beispiel:

Mutter M lebt mir ihrer 2-jährigen Tochter und der Großmutter G in einem gemeinsamen Haushalt. Sie sind dort gemeinsam gemeldet. M und G wirtschaften aus einem „Topf“. M hat keinen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende.

Ist die andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, wird vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet. Hiernach kommt es allein auf die gemeinsame Wirtschaftsführung in der Wohngemeinschaft und nicht auch auf die Dauer des Zusammenlebens an. Damit entfällt grundsätzlich die Abgrenzung z.B. zwischen Wohngemeinschaften und nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die Vermutung knüpft an den objektiven Sachverhalt des Wohnens in einer gemeinsamen Wohnung an, der sich in der Meldung ausdrückt. Die Regelung enthält damit eine Beweislastumkehr für die Voraussetzung „gemeinsames Wirtschaften“, die von Personen einer Wohngemeinschaft eher widerlegbar als vom Finanzamt beweisbar ist. Ob und wann die Vermutung als widerlegt angesehen werden kann, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalles zu entscheiden. In der Regel wird eine Glaubhaftmachung oder zweifelsfreie Versicherung ausreichen. Der Steuerpflichtige hat entsprechende Erklärungen abzugeben und Nachweise vorzulegen. Ob sich der/die Dritte an der Kindererziehung beteiligt, ist unerheblich.

Eine Haushaltsgemeinschaft setzt nach Verwaltungsauffassung nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen, bei der jedes Mitglied der Gemeinschaft tatsächlich und/oder finanziell seinen Beitrag zur Haushalts- bzw. Lebensführung leistet und an ihr partizipiert.

Beispiel:

Die nicht verheirateten Eltern M und V haben einen gemeinsamen minderjährigen Sohn. Alle drei Personen leben gemeinsam in einer Wohnung und sind auch dort mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die vermutete Haushaltsgemeinschaft ist nicht widerlegbar. Weder M noch V haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag, da es sich nicht um „echt“ Alleinerziehende handelt.

Die Meldung ist jedoch nicht Voraussetzung für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft. Eine Haushaltsgemeinschaft kann also auch vorliegen, wenn sich die andere Person – ohne gemeldet zu sein – nicht nur kurzfristig, z.B. zu Besuchszwecken oder aus Krankheitsgründen, in der Wohnung des Steuerpflichtigen aufhält bzw. aufzuhalten beabsichtigt.

Eine kurze Abwesenheit (z.B. Krankenhaus, Reise, mehrwöchiger Auslandsaufenthalt eines Montagearbeiters) von der gemeinsamen Wohnung hebt die Haushaltsgemeinschaft nicht auf. Dagegen spricht eine nicht nur vorübergehende Abwesenheit von der Wohnung gegen das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft. Nicht nur vorübergehend abwesend von der Wohnung sind z.B. Personen, die als vermisst gemeldet sind oder sich im Strafvollzug befinden. Es muss im Übrigen nach der Gesetzesbegründung der Wille, nicht oder nicht mehr in der Haushaltsgemeinschaft leben zu wollen, eindeutig nach außen treten (z.B. bei Auszug, Unterhaltung einer zweiten Wohnung aus privaten Gründen, eigene Wirtschaftsführung mit Untervermietvertrag oder Begründung eines Au-pair-Verhältnisses als Arbeitsverhältnis).

Beispiel:

Der alleinstehende Vater V lebt mit dem 20-jährigen in Ausbildung befindlichen Sohn gemeinsam in einer Wohnung. Beide sind dort mit Hauptwohnung gemeldet. Der Bruder B des V geht für mehrere Jahre aus beruflichen Gründen nach China. Er gibt seinen bisherigen Wohnsitz auf und meldet sich bei seiner bisherigen Gemeinde ab. Während des Auslandsaufenthalts meldet er sich bei V mit Hauptwohnung an und stellt dort im Keller einige Möbel ab. V hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag (Steuerklasse II), da er mit B keine Haushaltsgemeinschaft führt.

Praxistipp:

Handelt es sich bei der anderen Person um eine pflegebedürftige Person, kann diese sich typischerweise – je nach Grad der Pflegebedürftigkeit – tatsächlich nicht an der Haushaltsführung beteiligen. In vergleichbaren Fällen müsste ein Entlastungsbetrag gewährt werden.

Die Fähigkeit, sich tatsächlich an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei Personen, bei denen mindestens ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 SGB XI (Pflegestufe I, II oder III) besteht oder die blind sind (BMF, 29.10.2004 – IV C 4 – S 2281 – 515/04, BStBl I 2004, 1042). Die Fähigkeit, sich finanziell an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei Personen, die kein oder nur geringes Vermögen im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG (15.500 EUR) besitzen und deren Einkünfte und Bezüge 8.004 EUR nicht übersteigen. Der Nachweis des gesundheitlichen Merkmals „blind“ richtet sich nach § 65 EStDV. Der Nachweis über den Schweregrad der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 SGB XI ist durch Vorlage des Leistungsbescheides des Sozialhilfeträgers bzw. des privaten Pflegeversicherungsunternehmens zu führen. Bei rückwirkender Feststellung des Merkmals „blind“ oder der Pflegebedürftigkeit sind ggf. bestandskräftige Steuerfestsetzungen auch hinsichtlich des Entlastungsbetrages nach § 24b EStG zu ändern.

Eine Haushaltsgemeinschaft mit weiteren volljährigen Kindern, für die dem Alleinerziehenden Kindergeld oder ein Freibetrag für Kinder zusteht, ist unschädlich, weil der Elternteil steuerlich dennoch als alleinstehend anzusehen ist.

Beispiel:

Der alleinererziehende Vater V betreut eine 8-jährige Tochter. Daneben lebt im Haushalt auch der 20-jährige Sohn S. S leistet seinen Bundesfreiwilligendienst. V hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, da er für beide Kinder auch Anspruch auf Kindergeld hat.

Nach Auffassung des BFH kann ein gemeinsames Wirtschaften i. S. v. § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit (BFH, 28.06.2012 – III R 26/10). Im Urteilsfall wurde eine „schädliche“ Haushaltsgemeinschaft auch zwischen einem Elternteil und einem volljährigen studierenden Kind angenommen, das nicht zu den Kosten der Haushaltsführung beiträgt.

9. Verwitwete Steuerpflichtige

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann verwitweten Alleinerziehenden gewährt werden, auch wenn diese die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (vgl. § 32a Abs. 5 und 6 Nr. 1 EStG) erfüllen. Nach § 24b Abs. 4 EStG kann der Betrag erstmals für den Monat des Todes des Ehegatten gewährt werden.

Die Nummer 8 des § 39a EStG ermöglicht über das Lohnsteuerermäßigungsverfahren die Berücksichtigung eines Freibetrags beim Lohnsteuerabzug für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei verwitweten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im Todesjahr des Ehegatten und im Folgejahr. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird grundsätzlich mit der Steuerklasse II berücksichtigt. Für verwitwete Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist jedoch im Kalenderjahr des Todes des Ehegatten und für das folgende Kalenderjahr das Splittingverfahren anzuwenden und damit insbesondere die Steuerklasse III. Für diese Fälle kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei verwitweten Arbeitnehmern nicht über das Steuerklassensystem berücksichtigt werden. Es kommt für sie zur Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende im Laufe des Kalenderjahres nur das Freibetragsverfahren in Betracht.

Beispiel:

Mutter M mit einem minderjährigen Kind ist seit 20.04.2016 verwitwet. Ab 01.04.2016 hat sie Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Der Entlastungsbetrag kann für 2016 zeitanteilig und für 2017 insgesamt als Freibetrag berücksichtigt werden, da M nicht die Steuerklasse II bescheinigt werden kann. Ab 2018 entfällt das Freibetragsverfahren, weil M ab 2018 die Steuerklasse II erhält.

Hinweis:

Der Freibetrag nach § 24b EStG für Verwitwete wird in die Fälle der anderen abziehbaren Beträge eingereiht, für die die Antragsgrenze von 600 EUR für einen Lohnsteuerermäßigungsantrag gilt (§ 39a Abs. 2 Satz 4 EStG). Ggf. verweigert also das Finanzamt im Todesjahr des Ehegatten die Eintragung eines Freibetrags, wenn bei der verwitweten Person die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag nicht zumindest für 4 Monate erfüllt sind (6 x 159 EUR = 636 EUR) und keine weiteren Antragsgründe vorliegen.

10. Zeitanteilige Berücksichtigung

Der Entlastungsbetrag ermäßigt sich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, d.h. monatlich um 159 EUR. Es gilt das Monatsprinzip wie ohnehin schon bei der Berücksichtigung von volljährigen Kindern (§ 24b Abs. 3 EStG). Klassische Wechselfälle werden vorliegen, wenn nicht in allen Kalendermonaten des Jahres ein Kind berücksichtigt oder eine Haushaltsgemeinschaft mit Partnern oder (weiteren) Kindern gegründet oder aufgehoben wird.

Beispiel:

Das Kind der alleinstehenden Mutter M wird am 25.08. geboren. M hat für das Jahr einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag in Höhe von 5/12 von 1.908 EUR = 795 EUR. Ab August ändert das Finanzamt auf Antrag die Steuerklasse I/0 in Steuerklasse II/0,5.

Beispiel:

Die verwitwete Mutter lebt zusammen mit ihrem vierjährigen Sohn. Am 01.07. zieht ihr neuer Lebensgefährte zu ihr in die Wohnung. Ab dem 01.07. entfallen die Voraussetzungen für den Freibetrag (Anspruch nur für die ersten 6 Monate des Jahres 6/12 von 1.908 EUR = 954 EUR). Abwandlung: M hat Zwillinge. Folge: Anspruch 6/12 von 1.908 EUR + 6/12 von 240 EUR.

Beispiel:

Die nicht verheirateten Eltern (M und F) eines zweijährigen Sohnes trennen sich. Am 20.10. zieht M aus der gemeinsamen Wohnung aus. F hat ab Oktober Anspruch auf den Entlastungsbetrag (3 x 159 EUR = 477 EUR). Das Finanzamt kann ab Oktober auf Antrag die Steuerklasse der F von I in II ändern.

11. Splitting-Verfahren

Es sind grundsätzlich nur Steuerpflichtige anspruchsberechtigt, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllen. Abweichend hiervon können verwitwete Steuerpflichtige nach § 24b Abs. 4 EStG den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erstmals zeitanteilig für den Monat des Todes des Ehegatten beanspruchen. Darüber hinaus, insbesondere in den Fällen der getrennten oder der besonderen Veranlagung im Jahr der Eheschließung, kommt eine zeitanteilige Berücksichtigung nicht in Betracht.

Im Ergebnis sind nur Steuerpflichtige anspruchsberechtigt, die während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht verheiratet (ledig, geschieden) sind, verheiratet sind, aber seit dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum dauernd getrennt leben, verwitwet sind oder deren Ehegatte im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 oder 2 EStG oder des § 1a EStG ist (BMF 29.10.2004 – IV C 4 – S 2281 – 515/04, BStBl I 2004, 1042).

Zurück
Nach oben