Gewerbesteueranrechnung – Mitunternehmer

Normen

§ 35 EStG

Information

1. Unmittelbare Beteiligung

Personengesellschaften unterliegen weder der Einkommen- noch der Körperschaftsteuer. Die Gewinnanteile gehen in die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer (bzw. Körperschaftsteuer) bei den Mitunternehmern ein. Dementsprechend werden sie nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt.

Da der Gewinn der Mitunternehmerschaft (OHG, KG oder atypische stille Gesellschaft) nur einmal zur Anrechnung von Einkommensteuer führen darf, ist der Gewerbesteuermessbetrag aufzuteilen. Diese Aufteilung erfolgt nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels der Gesellschaft. Vorabgewinne, also nicht nur steuerrechtliche Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sowie das Ergebnis einer etwaigen Ergänzungs- oder Sonderbilanz sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Von diesen Grundsätzen wich die Finanzverwaltung nur insoweit ab als

  • gewinnabhängige Vorabgewinne bzw. gewinnabhängige Sondervergütungen vereinbart wurden,

  • bei Familienpersonengesellschaften die Gewinnverteilung nicht anerkannt, sondern korrigiert wird,

  • eine rückwirkend geänderte Gewinnverteilungsvereinbarung steuerlich nicht anerkannt wird.

S. dazu BMF, 24.02.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl I 2009, 440, Tz. 21, 23).

Nachdem der BFH dem widersprochen hat (BFH, 07.04.2009 – IV B 109/08, BStBl II 2010, 116) wurden die entsprechenden Regelungen ab 2008 bzw. für gewinnabhängige Vorabgewinnanteile und Sondervergütungen für Wirtschaftsjahre, die ab dem 01.07.2010 beginnen, aufgehoben (BMF, 22.12.2009 – IV C 6-S 2296-a/08/10002, 2009/0862400 , BStBl I 2010, 43). Auf Antrag mindestens eines Mitunternehmers kann auf die Anwendung dieser Regelungen auch für die Vergangenheit verzichtet werden.

2. Durchführung der Anrechnung

Bei der Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags ist der jeweils prozentuale Anteil auf 2 Nachkommastellen zu runden (§ 35 Abs. 2 Satz 4 EStG). Die anteiligen Beträge werden gesondert festgestellt (§ 35 Abs. 2 und 3 EStG). Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung.
Die Einkommensteuerermäßigung beläuft sich sodann auf das 3,8-fache des so ermittelten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags nach der Formel des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG (s. dazu Gewerbesteueranrechnung).

Beispiel:

Der Gewerbesteuermessbetrag der ABC-OHG beträgt 9.000 EUR. Der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel beläuft sich auf 50:25:25.

Lösung:

In der Einkommensteuerveranlagung können A eine Steuerermäßigung in Höhe von höchstens 17.100 EUR (4.500 EUR x 3,8), B und C von jeweils höchstens 8.550 EUR (2.250 EUR x 3,8) erhalten.

Hinweis:

In die Aufteilung sind auch Gesellschafter einzubeziehen, für die eine Ermäßigung nach § 35 EStG nicht in Betracht kommt, beispielsweise Kapitalgesellschaften (BMF, 24.02.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl I 2009, 440, Tz. 26).

Praxistipp:

Durch die Tatsache, dass Sondervergütungen nicht zu berücksichtigen sind, können Missverhältnisse entstehen, die letztlich darin begründet sind, dass der Gewinn, ein Vorabgewinn und Sonderbetriebsergebnisse für Zwecke der Gewerbesteuer zu einem Gesamtgewinn zusammengerechnet werden. Erhebliche Diskrepanzen entstehen, wenn die auf den einzelnen Gesellschafter entfallende Gewerbesteuerbelastung in keiner Relation zu dem ihm zuzurechnenden Ermäßigungsbetrag steht. Insgesamt betrachtet kann es dazu kommen, dass der Ermäßigungsbetrag nicht in vollem Umfang ausgeschöpft wird.
In solchen Fällen ist zu überlegen, ob der Betrieb in mehrere Betriebe aufgespalten wird, damit jeweils der Gewerbesteuerfreibetrag in Höhe von 24.500 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) mehrfach ausgeschöpft werden kann.

Beispielsweise kann überlegt werden, ob im Fall der Verpachtung an die Personengesellschaft Sonderbetriebsvermögen vom Betriebsvermögen abgespalten und ohne Aufdeckung stiller Reserven steuerneutral nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG in eine GmbH & Co. KG eingebracht wird. Danach wäre das bisherige Sonderbetriebsvermögen der GmbH & Co. KG zuzurechnen, die es dann ebenfalls an die Personengesellschaft verpachtet.

Gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen können zur Vermeidung von Anrechnungsüberhängen genutzt werden. Im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft kann über die Bestimmung, dass die Gewerbesteuerbelastung nach dem Anteil der einzelnen Gesellschafter am Gesamtgewinn der Gesellschaft, nicht nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel umgelegt wird, hinaus geregelt werden, dass Gesellschafter, denen gegenüber anderen Gesellschaftern ein zu geringer Teil des Messbetrags zugerechnet wird, von den anderen Gesellschaftern einen Ausgleich erhalten. Das dürfte nach Auffassung des BMF allerdings nichts am allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel ändern (BMF, 24.02.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl I 2009, 440; im Gegensatz dazu sind nach Tz. 30 beim Gesellschafterwechsel die getroffenen speziellen Vereinbarungen bei der Verteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags zu berücksichtigen).

Beispiel:

A und B sind Gesellschafter der AB-OHG. Der Geschäftsführer A erhält eine Tätigkeitsvergütung in Höhe von 70.000 EUR vorab. Der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel beträgt 50 : 50. Die OHG hat in dem betreffenden Geschäftsjahr einen Verlust in Höhe von 20.000 EUR erwirtschaftet.

Der Gewerbesteuermessbetrag beträgt 1.200 EUR.

Lösung:

Einkommensteuerlicher Gewinn:

Geschäftsführergehalt:

70.000 EUR

Verlust:

– 20.000 EUR

Gewinn nach EStG:

50.000 EUR

Gewinnanteil A:

60.000 EUR

Gewinnanteil B:

– 10.000 EUR

Der nach dem allgemein Gewinnverteilungsschlüssel A und B zuzurechnende Gewerbesteuermessbetrag beträgt jeweils 600 EUR.

In diesem Fall kann sich die Steuerermäßigung bei B nicht auswirken, weil die tarifliche Einkommensteuer wegen des Verlustes aus Gewerbebetrieb nicht auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfällt.

A hat zwar den Gewerbesteuermessbetrag letztlich verursacht, bei ihm wirkt er sich bei der Anrechnung nach § 35 EStG nur zur Hälfte aus.

Wegen der Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer (s. dazu Gewerbesteueranrechnung) sind bei Mitunternehmerschaften neben dem Gewerbesteuer-Messbetrag auch die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer sowie der jeweils auf den einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dasselbe gilt für die Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG beim persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA. Für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG dient die spätere Festsetzung der GewSt durch die Gemeinde als Grundlagenbescheid (§ 35 Abs. 3 Satz 2 EStG). Weicht die später festgesetzte GewSt aufgrund von Änderungen von der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer ab, die zunächst vorläufig bei der Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zugrunde gelegt wurde, sind die Einkommensteuerbescheide dementsprechend nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu berichtigen.

3. Mittelbare Beteiligung

In den Fällen der mittelbaren Beteiligung bewirkt § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG, dass der für die Untergesellschaft festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft zu einer Steuerermäßigung führen kann. Nach § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG sind bei der Feststellung des auf den einzelnen Mitunternehmer entfallenden Anteils am Gewerbesteuermessbetrag die Gewerbesteuermessbeträge, die aus einer Beteiligung aus einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen.

Beispiel:

An der XYZ-OHG sind die Gesellschafter XY-OHG und Z zu je 50 % beteiligt, an der XY-OHG sind die Gesellschafter X und Y zu je 50 % beteiligt.

Der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag der XYZ-OHG beträgt 50.000 EUR, der der XY-OHG 40.000 EUR.

Der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel entspricht den Beteiligungsverhältnissen.

Lösung:

Der für die XYZ-OHG festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag wird entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt. Auf Z und die XY-OHG entfallen jeweils 25.000 EUR.

Der für die XY-OHG festgesetzte Messbetrag wird ebenfalls aufgeteilt. 20.000 EUR werden jeweils X und Y zugeordnet.

In der Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrages für die Gesellschafter X und Y werden die anteiligen Messbeträge der XYZ-OHG entsprechend einbezogen, sodass auf X und Y jeweils ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag von 45.000 EUR entfällt.

4. Gesellschafterwechsel

Bei der Aufnahme oder dem Ausscheiden eines Gesellschafters in bzw. aus einer Personengesellschaft während des Wirtschaftsjahres ist der für den Erhebungszeitraum festgestellte Gewerbesteuer-Messbetrag ebenfalls nach § 35 Abs. 3 EStG auf die Gesellschafter aufzuteilen. Maßstab hierfür sind der von den Gesellschaftern vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel sowie Vereinbarungen, die anlässlich des Eintritts oder Ausscheidens getroffen werden (BMF, 24.02.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl I 2009, 440, Tz. 30).).

Beispiele:

  • Der nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zu ermittelnde Gewinn wird im Kaufvertrag zeitanteilig auf den ausscheidenden und den eintretenden Gesellschafter aufgeteilt. In diesem Fall ist auch der Gewerbesteuer-Messbetrag Fall zeitanteilig aufzuteilen.

  • Sieht der Kaufvertrag für den ausscheidenden Gesellschafter keinen unterjährigen Gewinnanspruch vor, erhält er nur das Veräußerungsentgelt. In diesem Fall ist der gesamte Gewerbesteuer-Messbetrag dem neuen Gesellschafter zuzurechnen.

Tritt ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres in ein Einzelunternehmen ein oder scheiden bei einer Personengesellschaft während des Wirtschaftsjahres Gesellschafter bis auf einen aus, sodass ein Einzelunternehmen entsteht, wechselt der Steuerschuldner. Der einheitliche Gewerbesteuer-Messbetrag ist in solchen Fällen dem Einzelunternehmen und der Personengesellschaft zeitanteilig zuzurechnen und getrennt festzusetzen (Persönliche Steuerpflicht – Unternehmerwechsel). Eine gesonderte zeitanteilige Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags ist lediglich für die Personengesellschaft erforderlich.

5. Verfahrensrecht

Zuständig ist nach § 35 Abs. 3 EStG in den Fällen des Abs. 1 das für die Feststellung des Gewerbeertrags zuständige Finanzamt, in den Fällen des Abs. 2 das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt.

Praxistipp:

Bei Fehlern ist der Einspruch zu richten gegen:

  • den Gewerbesteuer-Messbescheid des Finanzamts bei der Ermittlung des Gewerbeertrages bzw. des Gewerbesteuer-Messbetrages,

  • den Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde bei der Berechnung der Gewerbesteuer,

  • den Bescheid des Finanzamts nach § 35 Abs. 2, 3 EStG bei der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrages auf die Gesellschafter,

  • den Einkommensteuerbescheid des betroffenen Gesellschafters bei der Berechnung der Gewerbesteuerermäßigung.

Siehe auch

GewerbesteueranrechnungGewerbesteueranrechnung – ThesaurierungsbegünstigungGewerbesteuervorauszahlungen 2008Persönliche Steuerpflicht – UnternehmerwechselRechtsbehelfe – Gewerbesteuer

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