Gewerblicher Grundstückshandel
§ 15 EStG
Inhaltsübersicht
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1. Allgemeines
Der geringfügige Grundstückshandel ist ein Vorgang auf der privaten Vermögensebene. Ggf. kann jedoch ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, wodurch Einkünfte gem. § 15 EStG entstehen. Veräußern Privatpersonen Grundstücke, ist bei der Prüfung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, wesentlich auf die Dauer der Nutzung vor Veräußerung und die Zahl der veräußerten Objekte abzustellen. In Fällen, in denen ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen ist, bleibt jedoch zu prüfen, ob der Gewinn aus der Veräußerung nach § 23 EStG (private Veräußerungsgeschäfte) zu besteuern ist.
Sind bebaute Grundstücke bis zur Veräußerung während eines langen Zeitraums (mindestens zehn Jahre) vermietet worden, gehört grundsätzlich auch noch die Veräußerung der bebauten Grundstücke zur privaten Vermögensverwaltung. Dies ist unabhängig vom Umfang des veräußerten Grundbesitzes. Bei Grundstücken, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Schenkung auf den Grundstücksveräußerer übergegangen sind, ist für die Berechnung der Nutzungsdauer die Besitzdauer des Rechtsvorgängers wie eine eigene Besitzzeit des Veräußerers zu werten. Die Aufteilung eines Gebäudes in Eigentumswohnungen ist – für sich betrachtet – allein kein Umstand, der die Veräußerung der so entstandenen Eigentumswohnungen zu einer gewerblichen Tätigkeit macht. Auch hier wird vom Finanzamt maßgeblich auf die Dauer der Nutzung vor Veräußerung abgestellt.
Bei unbebauten Grundstücken, die vor Veräußerung selbst genutzt (z.B. als Gartenland) oder verpachtet wurden, führt die bloße Parzellierung für sich allein nicht zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels. Beim An- und Verkauf von Grundstücken über mehrere Jahre liegt dagegen im Regelfall ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt auch dann vor, wenn der Grundstückseigentümer, ähnlich wie ein Grundstückshändler oder ein Baulandaufschließungsunternehmen, beginnt, seinen Grundbesitz ganz oder teilweise durch Baureifmachung in Baugelände umzugestalten und zu diesem Zweck diesen Grundbesitz nach einem bestimmten Bebauungsplan in einzelne Parzellen aufteilt und diese dann an Interessenten veräußert. In diesem Fall sind alle Aktivitäten des Veräußerers bei der Baureifmachung, Erschließung und Bebauung einzeln zu untersuchen und im Zusammenhang zu würdigen. Auch die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke oder Betriebe kann Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Unternehmens sein.
Die für das Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr wertet das Finanzamt aus den Kontakten zu einer Mehrzahl von Verkäufern oder Käufern. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann
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auch bei einer Tätigkeit für nur einen Vertragspartner oder bei Einschaltung eines Maklers vorliegen.
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bereits dadurch gegeben sein, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Personenkreis – unter Umständen einer einzigen Person – bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen. Entscheidend ist, dass der Verkäufer an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will. Das ist bereits dann der Fall, wenn er bereit ist, das fragliche Objekt an einen anderen Erwerber zu veräußern, falls sich der Verkauf an den ursprünglich vorgesehenen Käufer zerschlägt.
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durch den Verkauf an Bekannte erfolgen.
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auch dann gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein Geschäft mit einem Dritten tätigt, sich dieser aber in Wirklichkeit und nach außen erkennbar nach den Bestimmungen des Steuerpflichtigen an den allgemeinen Markt wendet.
Auch ein entgeltlicher und von Gewinnerzielungsabsicht getragener Leistungsaustausch zwischen nahen Angehörigen erfüllt die Voraussetzung einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (vgl. BFH, 13.08.2002 – VIII R 14/99, BStBl II 2002, 811). Dies gilt auch, wenn der Eigentümer Objekte nur an bestimmte Personen auf deren Wunsch veräußert. Bei mehreren Grundstücksverkäufen muss das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht bei jedem Geschäft vorliegen.
2. Drei-Objekt-Grenze – Fünfjahreszeitraum
Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt als Indiz für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels die Überschreitung der sog. „Drei-Objekt-Grenze“ (vgl. BFH 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl II 2002, 291). Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich. Die Veräußerung von mehr als drei in bedingter Verkaufsabsicht erworbener oder errichteter Objekte innerhalb dieses Zeitraums führt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (§ 15 Abs. 2 EStG) grundsätzlich zur Gewerblichkeit aller – d.h. auch der ersten drei – Objektveräußerungen. Die zeitliche Grenze von fünf Jahren hat allerdings keine starre Bedeutung. Ein gewerblicher Grundstückshandel kann z.B. bei einer höheren Zahl von Veräußerungen nach Ablauf dieses Zeitraums, aber auch bei einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich vorliegen.
Objekt i.S. d. „Drei-Objekt-Grenze“ sind nur solche Objekte, bei denen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung, Erwerb oder Modernisierung und der Veräußerung besteht. Ist ein derartiger enger zeitlicher Zusammenhang nicht gegeben, können bis zur zeitlichen Obergrenze von zehn Jahren Objekte nur mitgerechnet werden, wenn weitere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass im Zeitpunkt der Errichtung, des Erwerbs oder der Modernisierung eine Veräußerungsabsicht vorgelegen hat. Solche weiteren Umstände liegen z.B. vor, wenn ein branchenkundiger Steuerpflichtiger innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Errichtung eines Gebäudes weniger als vier, danach aber in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Objekte veräußert.
Als Veräußerung i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ gilt auch die Einbringung eines Grundstücks in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, die nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 29.03.2000 – IV C 2 – S 2178 – 4/00, BStBl I 2000, 462) als Veräußerung anzusehen ist.
Objekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ sind Grundstücke jeglicher Art. Auf die Größe, den Wert oder die Nutzungsart des einzelnen Objekts kommt es nicht an. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um bebaute oder unbebaute Grundstücke handelt oder ob der Steuerpflichtige die Objekte selbst errichtet oder in bebautem Zustand erworben hat.
Jedes zivilrechtliche Wohnungseigentum, das selbstständig nutzbar und veräußerbar ist, stellt ein Objekt i. S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ dar, auch wenn mehrere Objekte nach Vertragsabschluss baulich zu einem Objekt zusammengefasst werden (vgl. BFH, 16.05.2002 – III R 9/98, BStBl II 2002, 571). Gleiches gilt für Grundstücke, bei denen der Verkauf beim Vertragsvollzug gescheitert ist (vgl. BFH, 05.12.2002 – IV R 57/01, BStBl II 2003, 291). Als Objekt i.S. d. „Drei-Objekt-Grenze“ kommen weiterhin auch Erbbaurechte in Betracht.
In die Prüfung des gewerblichen Grundstückshandels und damit der „Drei-Objekt-Grenze“ sind Grundstücke, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Schenkung übertragen und vom Rechtsnachfolger in einem zeitlichen Zusammenhang veräußert worden sind, mit einzubeziehen. In diesem Fall ist hinsichtlich der unentgeltlich übertragenen Grundstücke für die Frage des zeitlichen Zusammenhangs auf die Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger abzustellen. Werden im zeitlichen Zusammenhang durch den Rechtsvorgänger und den Rechtsnachfolger insgesamt mehr als drei Objekte veräußert, liegen gewerbliche Einkünfte vor:
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beim Rechtsvorgänger hinsichtlich der veräußerten Grundstücke;
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beim Rechtsnachfolger hinsichtlich der unentgeltlich erworbenen und veräußerten Grundstücke.
In diesen Fällen sind beim Rechtsnachfolger die Veräußerungen der unentgeltlich erworbenen Grundstücke für die Frage, ob er daneben Einkünfte aus einem eigenen gewerblichen Grundstückshandel erzielt, als Objekte i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ mitzuzählen.
Nicht einzubeziehen sind jedoch – unabhängig vom Umfang des Grundbesitzes – Grundstücke, die durch Erbfolge übergegangen sind, es sei denn, dass bereits der Erblasser in seiner Person einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat und der Erbe einen unternehmerischen Gesamtplan fortführt oder der Erbe die Grundstücke vor der Veräußerung in nicht unerheblichem Maße modernisiert hat und hierdurch ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstanden ist.
Ebenfalls nicht einzubeziehen sind Grundstücke, die eigenen Wohnzwecken dienen. Zu eigenen Wohnzwecken genutzte bebaute Grundstücke gehören in aller Regel zum notwendigen Privatvermögen (vgl. BFH, 16.10.2002 – X R 74/99, BStBl II 2003, 245). Etwas anderes kann sich allerdings ergeben, wenn ein zur Veräußerung bestimmtes Wohnobjekt nur vorübergehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Bei einer Selbstnutzung von weniger als fünf Jahren ist das Grundstück dann nicht einzubeziehen, wenn der Veräußerer eine auf Dauer angelegte Eigennutzung nachweist, indem er darlegt, dass die Veräußerung auf offensichtlichen Sachzwängen beruhte (vgl. BFH, 18.09.2002 – X R 28/00, BStBl II 2003, 133).
Objekte, mit deren Weitergabe kein Gewinn erzielt werden soll (z.B. teilentgeltliche Veräußerung oder Schenkung an Angehörige), sind in die Betrachtung, ob die „Drei-Objekt-Grenze“ überschritten ist, grundsätzlich nicht einzubeziehen (vgl. BFH, 18.09.2002 – X R 183/96, BStBl II 2003, 238 und vom 09.05.1996 – IV R 74/95, BStBl II 1996, 599). Eine teilentgeltliche Veräußerung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Verkaufspreis die Selbstkosten (Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder Einlagewert) nicht übersteigt (vgl. BFH, 14.03.1989 – VIII R 373/83, BStBl II 1990, 1053, vom 09.05.1996 – IV R 74/95, BStBl II 1996, 599 und vom 18.09.2002 – X R 183/96, BStBl II 2003, 238).
Grundstücke, die zwar mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, veräußert wurden, mit deren Verkauf aber letztlich ein Verlust realisiert wurde, sind in die Betrachtung, ob die „Drei-Objekt-Grenze“ überschritten ist, mit einzubeziehen.
Bei Ehegatten ist eine Zusammenfassung der Grundstücksaktivitäten nicht zulässig. Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte bis zu drei Objekte im Bereich der Vermögensverwaltung veräußern kann. Die Grundstücksaktivitäten von Ehegatten sind jedoch dann zusammenzurechnen, wenn die Ehegatten eine über ihre eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehende, zusätzliche enge Wirtschaftsgemeinschaft, z.B. als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, eingegangen sind, in die sie alle oder den größeren Teil der Grundstücke eingebracht haben.
Bebaut ein Steuerpflichtiger ein Grundstück oder erwirbt er ein unbebautes Grundstück zur Bebauung, liegt in der Regel ein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn mehr als drei Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Errichtung veräußert werden und der Steuerpflichtige mit Veräußerungsabsicht handelt. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt in diesem Fall auch dann vor, wenn die Objekte zwischenzeitlich vermietet wurden. Ferner ist unerheblich, ob die veräußerten Wohneinheiten in der rechtlichen Gestalt von Eigentumswohnungen entstanden sind oder ob sie zunächst rechtlich unselbstständige, zur Vermietung an verschiedene Interessenten bestimmte, Teile eines Gesamtobjekts (z.B. Mehrfamilienhaus) waren.
Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung und Veräußerung der Objekte ist dann gegeben, wenn die Zeitspanne zwischen Fertigstellung und der Veräußerung der Objekte nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Eine Überschreitung von wenigen Tagen beeinträchtigt diese Indizwirkung noch nicht (vgl. BFH, 28.11.2002 – III R 1/01, BStBl II 2003, 250).
Die Veräußerungsabsicht ist anhand äußerlicher Merkmale zu beurteilen; die bloße Erklärung des Steuerpflichtigen, er habe eine solche Absicht nicht gehabt, reicht nicht aus. Das Vorhandensein einer Veräußerungsabsicht kann allerdings nicht allein aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Errichtung und Veräußerung hergeleitet werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH, 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl II 2002, 291). Liegen von Anfang an eindeutige (vom Steuerpflichtigen darzulegende) Anhaltspunkte dafür vor, dass ausschließlich eine anderweitige Nutzung als die Veräußerung objektiv in Betracht gezogen worden ist, hat der enge zeitliche Zusammenhang für sich genommen keine Bedeutung. Fehlen solche Anhaltspunkte, zwingt der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Errichtung und Veräußerung der Lebenserfahrung nach zu der Schlussfolgerung, dass bei der Errichtung der Objekte zumindest eine bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat. In diesen Fällen kann sich der Steuerpflichtige nicht darauf berufen, die (eigentliche) Verkaufsabsicht sei erst später wegen Finanzierungsschwierigkeiten und zu hoher finanzieller Belastungen gefasst worden (vgl. BFH, 06.04.1990 – III R 28/87, BStBl II 1990, 1057 und vom 12.12.2002 – III R 20/01, BStBl II 2003, 297).
Beim Erwerb von Objekten liegt grundsätzlich ein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn mehr als drei Objekte in engem zeitlichem Zusammenhang mit ihrem Erwerb veräußert werden und der Steuerpflichtige mit Veräußerungsabsicht handelt.
Wandelt der Steuerpflichtige bisher vermietete Wohnungen eines erworbenen Mietshauses in Eigentumswohnungen um und versetzt er die Wohnungen vor der sich anschließenden Veräußerung lediglich in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand, wozu unter Berücksichtigung des bei Mietwohnungen Ortsüblichen auch die Ausführung von Schönheitsreparaturen gehören kann, ist ein gewerblicher Grundstückshandel nur anzunehmen, wenn innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (in der Regel fünf Jahre) ein oder mehrere bereits in Veräußerungsabsicht erworbene Gebäude aufgeteilt und nach dieser Aufteilung mehr als drei Eigentumswohnungen veräußert werden.
Besteht kein enger, zeitlicher Zusammenhang zwischen der Errichtung oder dem Erwerb und der Veräußerung der Objekte, kann ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Objekte vor der Veräußerung in nicht unerheblichem Maße modernisiert und hierdurch ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstanden ist. Für die Veräußerungsabsicht kommt es dann auf den engen zeitlichen Zusammenhang mit der Modernisierung an. In Sanierungsfällen beginnt die Fünf-Jahres-Frist mit Abschluss der Sanierungsarbeiten (vgl. BFH, 05.12.2002 – IV R 57/01, BStBl II 2003, 291).
Beim Verkauf von unbebauten Grundstücken gelten die für den Erwerb und die Veräußerung bebauter Grundstücke dargestellten Grundsätze entsprechend. Dies bedeutet, dass der Erwerb, die Parzellierung und die Veräußerung von mehr als drei unbebauten Grundstücken (Bauparzellen) nur dann gewerblich ist, wenn
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die Grundstücke (Bauparzellen) in Veräußerungsabsicht erworben wurden oder
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der Steuerpflichtige über die Parzellierung hinaus Tätigkeiten entwickelt hat (z.B. Erschließung, Bebauungsplan, Baureifmachung).
Abweichend von den Grundsätzen der „Drei-Objekt-Grenze“ kann auch der Verkauf von weniger als vier Objekten in zeitlicher Nähe zu ihrer Errichtung zu einer gewerblichen Tätigkeit führen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH, 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl II 2002, 291, BFH, 13.08.2002 – VIII R 14/99, BStBl II 2002, 811 und vom 18.09.2002 – X R 183/96, BStBl II 2003, 238). Dies gilt bei Wohnobjekten (Ein-, Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) insbesondere in folgenden Fällen:
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Das Grundstück mit einem darauf vom Veräußerer zu errichtenden Gebäude wird bereits vor seiner Bebauung verkauft. Als Verkauf vor Bebauung ist ein Verkauf bis zur Fertigstellung des Gebäudes anzusehen.
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Das Grundstück wird von vornherein auf Rechnung und nach Wünschen des Erwerbers bebaut.
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Das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erbringt erhebliche Leistungen für den Bau, die nicht wie unter fremden Dritten abgerechnet werden.
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Das Bauvorhaben wird nur kurzfristig finanziert.
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Der Steuerpflichtige beauftragt bereits während der Bauzeit einen Makler mit dem Verkauf des Objekts.
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Vor Fertigstellung wird ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen.
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Der Steuerpflichtige übernimmt über den bei Privatverkäufen üblichen Bereich hinaus Gewährleistungspflichten.
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Unmittelbar nach dem Erwerb des Grundstücks wird mit der Bebauung begonnen und das Grundstück wird unmittelbar nach Abschluss der Bauarbeiten veräußert.
Bei Verkauf von errichteten Großobjekten (z.B. Mehrfamilienhäuser, Büro-, Hotel-, Fabrik- oder Lagergrundstücke) kann auch außerhalb der o.g. Ausnahmefälle ein gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von weniger als vier Objekten vorliegen. Dies setzt voraus, dass besondere Umstände gegeben sind, z.B. wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach ihrem wirtschaftlichen Kern der Tätigkeit eines Bauträgers entspricht. Bei Nichtüberschreiten der Drei-Objekt-Grenze wird in Fällen der Grundstücksbebauung der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nur überschritten, wenn der (unbedingte) Entschluss zur Grundstücksveräußerung spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses der auf die Bebauung gerichteten Verträge gefasst worden ist (BFH, 17.12.2008 – IV R 77/06, BFH/NV 2009, 1007).
Trotz des Überschreitens der „Drei-Objekt-Grenze“ ist ein gewerblicher Grundstückshandel ausnahmsweise nicht anzunehmen, wenn aufgrund besonderer vom Steuerpflichtigen darzulegender Umstände eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen. Als Umstand, der gegen eine bereits im Zeitpunkt der Anschaffung oder Errichtung des Objekts bestehende Veräußerungsabsicht spricht, kann eine vom Veräußerer selbst vorgenommene langfristige – über fünf Jahre hinausgehende – Vermietung eines Wohnobjektes angesehen werden. Die konkreten Anlässe und Beweggründe für die Veräußerungen (z.B. plötzliche Erkrankung, Finanzierungsschwierigkeiten, schlechte Vermietbarkeit, Scheidung, nachträgliche Entdeckung von Baumängeln, unvorhergesehene Notlagen) sind im Regelfall jedoch nicht geeignet, die aufgrund des zeitlichen Abstands der maßgebenden Tätigkeiten vermutete (bedingte) Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Anschaffung oder Errichtung auszuschließen (vgl. BFH 20.02.2003 – III R 10/01, BStBl II 2003, 510). Darüber hinaus ist nach dem BFH-Urteil vom 27.11.2008 – IV R 38/06, BStBl II 2009, 278 bei der Veräußerung nur eines Grundstücks allein der zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung nicht ausreichend. Es müssen andere Umstände hinzukommen, die für die unbedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb sprechen (vgl. BMF-Schreiben vom 26.03.2004 – IV A 6 – S 2240 – 46/04, Rdnr. 28 f).
Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Personengesellschaft wegen Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen hat, sind solche Grundstücksaktivitäten nicht mitzuzählen, die die Gesellschafter allein oder im Rahmen einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft entwickelt haben. Ein zeitlicher Zusammenhang von mehr als zwei Jahren zwischen Erwerb oder Bebauung und (nachfolgender) Veräußerung eines Grundstücks gestattet für sich genommen nicht den Schluss, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn alsbald zu verkaufen. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer Grundstücksmakler ist oder der Baubranche angehört (BFH, 17.12.2008 – IV R 72/07, BFH/NV 2009, 1011).
Die zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel dienende Drei-Objekt-Grenze ist überschritten, wenn der Kaufvertrag zwar über einen unabgeteilten Miteigentumsanteil abgeschlossen worden ist, das Grundstück jedoch in derselben Urkunde in Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten aufgeteilt wurde, von denen der Erwerber mehr als drei Einheiten erhielt (BFH, 30.09.2010 – IV R 44/08).
3. Beginn, Ende, Gewinnermittlung
Als Beginn des gewerblichen Grundstückshandels ist regelmäßig der Zeitpunkt anzusehen, in dem der Steuerpflichtige mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der Grundstücksgeschäfte gerichtet sind. Bei Errichtung und Veräußerung in engem zeitlichen Zusammenhang beginnt der gewerbliche Grundstückshandel grundsätzlich mit der Stellung des Bauantrags, bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben mit der Einreichung der Bauunterlagen oder dem Beginn der Herstellung (vgl.R 7.2 Abs. 4 EStR). Bei Erwerb und Veräußerung in engem zeitlichen Zusammenhang beginnt der gewerbliche Grundstückshandel grundsätzlich im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs. Bei Modernisierung und Veräußerung in engem zeitlichem Zusammenhang beginnt der gewerbliche Grundstückshandel in dem Zeitpunkt, in dem mit den Modernisierungsmaßnahmen begonnen wird. Bei Sanierung und Veräußerung in engem zeitlichen Zusammenhang beginnt der gewerbliche Grundstückshandel in dem Zeitpunkt, in dem mit den Sanierungsarbeiten begonnen wird.
Der Umfang eines gewerblichen Grundstückshandels wird grundsätzlich durch den veräußerten Grundbesitz bestimmt.
Werden die im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels zu erfassenden Grundstücke zwischenzeitlich vermietet, bleiben diese Umlaufvermögen beim gewerblichen Grundstückshandel und dürfen demzufolge nicht abgeschrieben werden (vgl. BFH 05.12.2002 – IV R 57/01, BStBl II 2003, 291).
Der Gewinn aus einem gewerblichen Grundstückshandel ist grundsätzlich durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Die Grundstücke stellen Umlaufvermögen dar (vgl. BFH 18.09.2002 – X R 28/00, BStBl II 2003, 133). Abschreibung und Sonderabschreibungen können daher nicht geltend gemacht werden.
Eine Gewinnermittlung nach
§ 4
Abs. 3 EStG kommt für einen Grundstückshändler in Betracht, wenn dieser die Grenzen des § 141 AO nicht überschreitet und nicht nach § 140 AO i.V.m. § 238 HGB buchführungspflichtig ist. Ein Grundstückshändler, dessen Betrieb nach Art oder Umfang keinen in einer kaufmännischen Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, betreibt kein Handelsgewerbe und ist kein Kaufmann i.S.d. HGB (§§ 1, 238 HGB), es sei denn, der Betrieb ist ins Handelsregister eingetragen (§ 2 HGB). Das Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kann nur zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums durch schlüssiges Verhalten ausgeübt werden.
Diese Wahlentscheidung setzt das Bewusstsein des Steuerpflichtigen zur Einkünfteerzielung voraus. Ist der Steuerpflichtige davon ausgegangen, gar nicht gewerblich tätig und demgemäß auch nicht verpflichtet gewesen zu sein, für Zwecke der Besteuerung einen Gewinn aus Gewerbebetrieb ermitteln und erklären zu müssen, ist eine Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten nicht denkbar. Der Gewinn ist in diesen Fällen durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.
Bei einem gewerblichen Grundstückshandel aufgrund der Überschreitung der „Drei-Objekt-Grenze“ sind auch die Veräußerungen der ersten drei Objekte gewerblich. Die entsprechenden Steuerbescheide werden vom Finanzamt ggf. nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, den nachträglich zu ermittelnden Gewinn durch Abzug der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des Einlagewerts und der Veräußerungskosten vom Veräußerungserlös zu berechnen. Dies gilt entsprechend bei Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Die dem gewerblichen Grundstückshandel zuzurechnenden Objekte sind in den Fällen des Erwerbs von Objekten für den gewerblichen Grundstückshandel mit den Anschaffungskosten, im Übrigen mit den Werten, die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 EStG (Einlage in das Betriebsvermögen) ergeben, dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Die unbebauten Grundstücke sind mit den Werten anzusetzen, die sich zu Beginn des gewerblichen Grundstückshandels ergeben.
Die Gewinne aus den Grundstücksveräußerungen sind regelmäßig nicht begünstigte laufende Gewinne, auch wenn zugleich der Gewerbebetrieb aufgegeben wird. Ein gewerblicher Grundstückshandel wird mit Verkauf des letzten Objekts oder durch die endgültige Einstellung der Verkaufstätigkeiten beendet.
Die Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks ist auch bei Zusammentreffen mit der Betriebsaufgabe nicht tarifbegünstigt (BFH, 05.07.2005 – VIII R 65/02, BStBl II 2006, 160). Die Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks ist auch dann nicht nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn sie mit der Betriebsaufgabe zusammentrifft und hiermit zugleich eine zunächst bestehende Bebauungsabsicht aufgegeben wird.
Praxistipp:
Weitere Einzelheiten können dem BMF-Schreiben (BMF, 26.03.2004 – IV A 6 – S 2240 – 46/04, BStBl I 2004, 434) entnommen werden.
4. Abgrenzung land- und forstwirtschaftlicher Hilfsgeschäfte vom gewerblichen Grundstückshandel
Die Parzellierung und Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke ist grundsätzlich Hilfsgeschäft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels. Dies gilt unabhängig von der Größe des Areals, der Anzahl der Parzellen und der Höhe des Gewinns. Grundstücksverkäufe stellen sich dann als Hilfstätigkeit einer landwirtschaftlichen Tätigkeit dar, wenn die Bebauungspläne von der zuständigen Gemeinde ohne Zutun des Landwirts aufgestellt wurden. Nicht anderes gilt, wenn sich der Landwirt auf Drängen der Gemeinde auch an den Planungskosten beteiligt, eine Erschließung in Teilabschnitte anregt, auf eine Verringerung der Gemeinschaftsflächen hinzuwirken sucht und auf Verlangen der Naturschutzbehörde Ausgleichsflächen zur Verfügung stellt. Zu Einzelheiten, wann Grundstücksverkäufe eines Landwirtes zu einem gewerblichen Grundstückshandel führen, vgl. BFH, 08.09.2005 – IV R 38/03, BStBl II 2006, 166).
5. Veräußerung von Anteilen an gewerblich geprägten Grundstücksgesellschaften
Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an mehr als drei am Grundstücksmarkt tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist auch dann der Veräußerung der zu den jeweiligen Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücke gleichzustellen, wenn es sich bei den Gesellschaften um gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Die Gewinne aus den Anteilsveräußerungen sind daher – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – als laufende Gewinne aus gewerblichem Grundstückshandel im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung (Gewinnfeststellung) und der Gewerbesteuerveranlagung des Gesellschafters (der Obergesellschaft) zu erfassen (BFH, 05.06.2008 – IV R 81/06, BFH/NV 2008, 1751).
6. Wohnungsverkäufe auf Druck der Bank
Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel unerheblich. Dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z.B. Druck der finanzierenden Bank und Androhung von Zwangsmaßnahmen. Die – durch die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von etwa fünf Jahren indizierte – (zumindest) bedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden, nicht aber durch Erklärungen des Steuerpflichtigen über seine Absichten. In Betracht kommen vornehmlich Gestaltungen des Steuerpflichtigen in zeitlicher Nähe zum Erwerb, die eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen würden (z.B. bei einer langfristigen Finanzierung oder Vermietung des Objekts, die sich im Falle der Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirken oder zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringen würde, BFH, 17.12.2009 – III R 101/06).
7. Zwischenschaltung einer GmbH
Nach der Rechtsprechung des BFH kann die Zwischenschaltung einer GmbH zur Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels missbräuchlich i.S.d. § 42 AO sein, wenn die vom Steuerpflichtigen erwerbende (zwischengeschaltete) GmbH funktionslos ist, sie also im Wesentlichen an- und verkauft. In Abgrenzung dazu hat der BFH mit Urteil vom 17.03.2010 – IV R 25/08 entschieden, dass die Zwischenschaltung einer nicht funktionslosen GmbH grundsätzlich nicht unter § 42 AO fällt. Eine GmbH ist z.B. dann nicht funktionslos, wenn sie das vom Steuerpflichtigen erworbene Grundstück vor der Veräußerung bebaut.