Maßgebender Gewerbeertrag

Normen

§§ 10, 14 GewStG

§ 16 GewStDV

§ 4a EStG

§ 7 Abs. 4 KStG

R 7.1 Abs. 8 GewStR 2009

Information

1. Erhebungszeitraum

Maßgebender Gewerbeertrag i.S.d. § 10 GewStG ist der Gewerbeertrag, der im Erhebungszeitraum bezogen wurde. Erhebungszeitraum ist nach § 14 Satz 2 GewStG das Kalenderjahr. Danach gilt wie bei der Einkommensteuer das Periodizitätsprinzip. Eine Abmilderung von Härten im Fall von Verlusten gewährleistet der Verlustvortrag nach § 10a GewStG (s. dazu „Gewerbeverlust“). Ein abgekürzter Erhebungszeitraum besteht dann, wenn die Gewerbesteuerpflicht nur während eines Teils des Kalenderjahres bestand (§ 14 Satz 3 GewStG).

2. Ermittlungszeitraum

Vom Erhebungszeitraum ist der Ermittlungszeitraum zu unterscheiden. Dieser bestimmt sich aufgrund der Verweisung in § 7 Abs. 1 GewStG nach dem Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerrecht. Daraus folgt, das der Gewerbeertrag nach dem Wirtschaftsjahr i.S.v. § 4a EStG bzw. § 7 Abs. 4 KStG zu ermitteln ist. Nach beiden Vorschriften kann bei Gewerbetreibenden, die in das Handelsregister eingetragen sind, das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweichen. Hier ist die Ermittlung des Gewinns nach dem Wirtschaftsjahr zu bestimmen, für das regelmäßig Abschlüsse gemacht werden. Bei anderen Unternehmen ist zwingend das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr deckungsgleich. Die Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr ist, um ggf. Missbrauchsfälle auszuschließen, nur mit Zustimmung des Finanzamts möglich.

Zuordnung des Gewerbeertrags: Entsprechend § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 7 Abs. 4 KStG wird bei Unternehmen, die Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen verpflichtet sind, der Gewerbeertrag nicht anteilig, sondern dem Kalenderjahr (= Erhebungszeitraum) zugeordnet, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 10 Abs. 2 GewStG).

3. Ermittlungszeitraum bei der Abwicklung von Kapitalgesellschaften

Analog zu § 11 Abs. 1 KStG sieht § 16 GewStDV bei der Abwicklung und Insolvenz von Kapitalgesellschaften (Gewerbebetriebe i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG) die Besteuerung des gesamten Abwicklungszeitraums vor.

Auswirkung der Liquidationsbesteuerung nach § 11 Abs. 1 KStGauf die Gewerbesteuer:§ 11 KStG soll sicherstellen, dass mit Beendigung der subjektiven und objektiven Körperschaftsteuerpflicht der Totalgewinn der Körperschaft einschließlich der stillen Reserven erfasst wird. Das KStG verzichtet im Fall der Liquidation von Kapitalgesellschaften auf die Erstellung und Vorlage von jährlichen Bilanzen, da dieser Vorgang sich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum hinzieht. Zu versteuern ist das Ergebnis des gesamten Abwicklungszeitraums auf einmal. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG ist für die Abwicklung einer aufgelösten Körperschaft ein Besteuerungszeitraum von 3 Jahren vorgesehen, um eine zeitgerechte Erfassung der Gewinne sicherzustellen. Nach Auffassung der Verwaltung setzt das Gesetz voraus, dass der genannte Zeitraum nicht überschritten wird. Andernfalls sind wieder jährliche Steuererklärungen abzugeben (R 51 Abs. 1 Satz 6 KStR).

Es steht grundsätzlich im Ermessen der Finanzbehörde, einen davon abweichenden Besteuerungszeitraum festzulegen. Selbst eine Überschreitung des Regelzeitraums um vier Jahre kann ermessensgerecht sein. Der Gewinn muss innerhalb dieses Zeitraums nicht vollständig feststehen, d.h. das Finanzamt kann auch dann nach pflichtgemäßem Ermessen einen Körperschaftsteuerbescheid erlassen, wenn die Liquidation immer noch nicht abgeschlossen ist und für die Steuerfestsetzung vor Abschluss der Liquidation keine besonderer Anlass besteht (BFH, 18.09.2007 – I R 44/06, BStBl II 2008, 319).

Praxistipp:

Der Ablauf des Dreijahreszeitraums, nach dem die Gesellschaft zur Steuer herangezogen werden kann, stellt nach dem Verständnis des Gesetzgebers den Regelfall dar. Daher bedarf eine Zwischenveranlagung nach Überschreitung der drei Jahre nur dann einer Begründung, wenn ein rechtliches Interesse der Gesellschaft an der Verlängerung des Besteuerungszeitraums erkennbar ist. Dieses sollte ggf. vorgetragen werden.

§ 16 GewStDV nennt zwar anders als § 11 Abs. 1 KStG nicht den Drei-Jahres-Zeitraum. Dennoch muss hier vom Gleichlauf zwischen KStG und dem Gewerbesteuerrecht ausgegangen werden, da an den Abwicklungszeitraum angeknüpft wird.

Der für die Körperschaftsteuer festgelegte Besteuerungszeitraum gilt über § 7 Abs. 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer. Danach ist der Gewerbeertrag nach den Vorschriften des KStG zu ermitteln. Dazu gehört auch § 11 KStG. § 16 GewStDV steht dem nicht entgegen. Nach § 16 Abs. 1 GewStDV ist der Gewerbeertrag bei Steuerpflichtigen i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen. R 7.1 Abs. 8 Satz 4 GewStR 2009 sieht dazu die Verteilung des im Abwicklungszeitraum erzielten Gewerbeertrags auf die einzelnen Jahre nach dem Verhältnis der Zahl der Kalendermonate, in denen im einzelnen Jahr die Gewerbesteuerpflicht bestanden hat, zu der Gesamtzahl der Kalendermonate des Abwicklungszeitraums vor. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags für die einzelnen Jahre getrennt erfolgt. Die Verteilung soll lediglich eine angemessene Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags sicherstellen. Nur soweit greift die Verordnungsermächtigung des § 35c Abs. 1d GewStG.

Besteuerungszeitraum bei Zwischenveranlagungen zur Körperschaftsteuer nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG: Die Finanzverwaltung verweist allerdings darauf, dass § 16 GewStDV keine dem § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG entsprechende Festlegung des Sollabwicklungszeitraums enthält. Auch komme eine sinngemäße Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG ausweislich § 16 GewStDV und R 7.1 Abs. 8 Satz 2 GewStR 2009 nicht in Betracht. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus § 7 Abs. 1 GewStG. Wenn danach an die Gewinnermittlungsvorschriften des KStG angeknüpft werde, läge eine solche mit § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG im Gegensatz zu § 11 Abs. 2 KStG nicht vor (BMF, 04.04.2008 – IV B 7 – S 2760/0, BStBl I 2008, 542 (Nichtanwendungserlass)).

Praxistipp:

Inwieweit sich z.B. durch das Unternehmensteuerreformgesetz Änderungen ergeben, wie bei der Steuermesszahl oder Hebesatzänderungen, die während des Abwicklungszeitraums zu berücksichtigen sind, wenn eine Zwischenveranlagung erfolgt, dürfte offen sein. S. dazu entsprechend die Ausführungen des BFH zur Körperschaftsteuer im Urteil vom 18.09.2007 – I R 44/06. Die Finanzverwaltung stellt (bei der Körperschaftsteuer) grundsätzlich auf das am Ende des Besteuerungszeitraum anzuwendende Recht ab, bei Zwischenveranlagungen jeweils auf die getrennten Besteuerungszeiträume (BMF, 04.04.2008 – IV B 7 – S 2760/0, BStBl I 2008, 542 (Nichtanwendungserlass zu BFH, 22.02.2006 – I R 67/05, BStBl II 2008, 312); BMF, 26.08.2003 – IV A 2 – S 2760 – 4/03, BStBl I 2003, 434).

Abwicklungszeitraum: Die Abwicklung beginnt mit dem entsprechenden Beschluss und der tatsächlicher Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen. Sie endet mit der endgültigen Verteilung des Vermögens.

Praxistipp:

Da der Beginn des Abwicklungszeitraums auch im Laufe eines Jahres liegen kann, ist ggf. ein Rumpfwirtschaftsjahr bis zum Beginn des Abwicklungszeitraums zu bilden (BFH, 17.07.1974 – I R 233/71, BStBl. II, 692). Darauf kann allerdings verzichtet werden. R 7.1 Abs. 8 Satz 3 GewStR 2009 räumt insoweit wie auch R 51 Abs. 1 Satz 3 KStR ein Wahlrecht ein. Dadurch kann ggf. die Besteuerung des im Rumpfwirtschaftsjahr erzielten Gewerbeertrags aufgeschoben werden.

Der für den Abwicklungszeitraum ermittelte Gewerbeertrag ist im Verhältnis der Kalendermonate zu verteilen (R 7.1 Abs. 8 Satz 6 und 7 GewStR 2009). Dadurch kann für mehrere Erhebungszeiträume der jeweils maßgebliche Hebesatz angewendet werden.

4. Insolvenz

Die für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze für die Abwicklung sind bei allen Gewerbebetrieben – also unabhängig von der Rechtsform – im Falle eines Insolvenzverfahrens – entsprechend anzuwenden (§ 16 Abs. 2 GewStDV).

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