Pflegekind
§ 32 EStG
Inhaltsübersicht
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- 2.
- 3.
- 4.
1. Pflegekindschaftsverhältnis
Ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass das Kind im Haushalt der Pflegeeltern sein Zuhause hat und diese zu dem Kind in einer familienähnlichen, auf längere Dauer angelegten Beziehung wie zu einem eigenen Kind stehen, z.B. wenn der Steuerpflichtige ein Kind im Rahmen von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege (§§ 27 , 33 SGB VIII) oder im Rahmen von Eingliederungshilfe (§ 35a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII) in seinen Haushalt aufnimmt, sofern das Pflegeverhältnis auf Dauer angelegt ist. Hieran fehlt es, wenn ein Kind von vornherein nur für eine begrenzte Zeit im Haushalt des Steuerpflichtigen Aufnahme findet.
Kinder, die mit dem Ziel der Annahme vom Steuerpflichtigen in Pflege genommen werden (§ 1744 BGB), sind regelmäßig Pflegekinder. Keine Pflegekinder sind Kostkinder. Hat der Steuerpflichtige mehr als sechs Kinder in seinem Haushalt aufgenommen, so spricht für die Finanzverwaltung eine Vermutung dafür, dass es sich um Kostkinder handelt. Leistet ein als Betreiber einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 34 SGB VIII anerkannter Trägerverein einer Pflegeperson Zahlungen für die Erziehung und Unterbringung eines fremden Kindes, so scheidet die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses aus, weil das Kind zu Erwerbszwecken in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen worden ist (BFH, 02.04.2009 – III R 92/06).
2. Kein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern
Voraussetzung für ein Pflegekindschaftsverhältnis zum Steuerpflichtigen ist, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht, d.h. die familiären Bindungen zu diesen auf Dauer aufgegeben sind. Gelegentliche Besuchskontakte allein stehen dem nicht entgegen.
Ein Pflegekindschaftsverhältnis kann auch zu jüngeren Geschwistern, z.B. Waisen gegeben sein (BFH, 05.08.1977 – VI R 187/74, BStBl II 1977, 832). Zu den Voraussetzungen bei einer volljährigen behinderten Person als Pflegekind vgl. BFH, 09.02.2012 – III R 15/09.
Ein Pflegekindschaftsverhältnis wird nicht anerkannt, wenn ein „Pflegeelternteil“ nicht nur mit dem Kind, sondern zudem auch mit einem leiblichen Elternteil des Kindes in häuslicher Gemeinschaft lebt. Dies gilt auch dann, wenn der Elternteil durch eine Schul- oder Berufsausbildung in der Obhut und Pflege des Kindes beeinträchtigt ist (BFH, 09.03.1989 – VI R 94/88, BStBl II 1989, 680). Ein zwischen einem alleinerziehenden Elternteil und seinem Kind im Kleinkindalter begründetes Obhuts- und Pflegeverhältnis wird durch die vorübergehende Abwesenheit des Elternteils nicht unterbrochen (BFH, 12.06.1991 – III R 108/89, BStBl II 1992, 20). Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen einem alleinerziehenden Elternteil und seinem bei Pflegeeltern lebenden, noch nicht schulpflichtigen Kind nicht mehr besteht, wenn der Elternteil mindestens ein Jahr lang keine für die Wahrung des Obhuts- und Pflegeverhältnisses ausreichenden Kontakte zu dem Kind hat (BFH, 20.01.1995 – III R 14/94, BStBl II 1995, 582). Haben nach Aufnahme durch die Pflegeeltern Kinder, die noch schulpflichtig sind, über zwei Jahre und länger keine ausreichenden Kontakte zu ihren leiblichen Eltern mehr, so reicht dies in der Regel aus, einen Abbruch des Obhuts- und Pflegeverhältnisses zwischen den Kindern und ihren leiblichen Eltern anzunehmen (BFH, 07.09.1995 – III R 95/93, BStBl II 1996, 63).
3. Altersunterschied
Ein Altersunterschied wie zwischen Eltern und Kindern braucht nicht unbedingt zu bestehen. Dies gilt auch, wenn das zu betreuende Geschwister von Kind an wegen einer Behinderung pflegebedürftig war und das betreuende Geschwister die Stelle der Eltern, z.B. nach deren Tod, einnimmt. Ist das zu betreuende Geschwister dagegen erst im Erwachsenenalter pflegebedürftig geworden, so wird im Allgemeinen ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Pflegeverhältnis nicht mehr begründet werden können.
4. Kein Nachweis eigener Unterhaltskosten
Die Voraussetzung, dass die Pflegeeltern das Kind mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf eigene Kosten unterhalten, ist ab 2004 entfallen. Mit der Gesetzesänderung sollen praktische Schwierigkeiten vermieden werden. Danach werden in den Haushalt aufgenommene Pflegekinder berücksichtigt, ohne dass es eines Nachweises der tatsächlichen Unterhaltsaufwendungen bedarf. Der BFH hat die rückwirkende Anwendung bestätigt (BFH, 24.08.2004 – VIII R 50/03, BFH/NV 2004, 1719.
Hat der Steuerpflichtige allerdings das Kind zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen (sog. Kostkinder), kann dieses wie bisher nicht berücksichtigt werden.