Schenkungen unter Lebenden

Normen

§ 7 ErbStG

Information

1. Allgemeines

Was als Schenkung unter Lebenden gilt, findet sich in der Regelung des § 7 ErbStG. Bedeutsamster Tatbestand dieser Vorschrift ist die freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Bei Schenkungen unter Lebenden handelt es sich um steuerpflichtige Vorgänge, für die – soweit nichts anderes bestimmt ist – die Vorschriften des ErbStG über die Erwerbe von Todes wegen gelten (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG)

2. Freigebige Zuwendung

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, als Schenkung unter Lebenden. Im Unterschied zum zivilrechtlichen Schenkungsbegriff (§ 516 BGB) ist hier eine Einigung zwischen Schenker und Beschenktem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht erforderlich. Allerdings muss der Zuwendende die Unentgeltlichkeit subjektiv gewollt haben (R E 7.1 Abs. 1 ErbStR 2011).).

Zur Frage, ob und unter welchen Bedingungen Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten gewertet werden können s. BFH, 23.11.2011 – II R 33/10, BStBl II 2012, 473).

Hinweis:

Zu dem Problem, wer bei einer Kettenschenkung Zuwendender und wer Bedachter sein kann, äußerte sich der BFH in seinem AdV-Beschluss vom 30.11.2011 – II B 60/11, BFH/NV 2012, 580). Schenkt eine Person einen Gegenstand, der ihr zuvor selbst geschenkt worden ist, sofort an eine anderen Person weiter und fehlte es insoweit an einer Weitergabeverpflichtung, so ist von zwei Schenkungen auszugehen. Die weiterschenkende Person ist Beschenkte hinsichtlich der ersten Schenkung und Zuwendende bei der zweiten Schenkung.

2.1 Bereicherung

Als Bereicherung kommt jede Vermögensvermehrung und jede Minderung von Schulden oder Belastungen beim Bedachten in Frage (R E 7.1 Abs. 2 ErbStR 2011). Diese Bereicherung hat zwar auf Kosten des Zuwendenden zu erfolgen, jedoch muss sie nicht mit dessen Entreicherung identisch sein.

Hinweis:

Bei der Bewertung der auf Grund einer Schenkung eintretenden Bereicherung ist eine mögliche künftige Belastung des Bedachten mit Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen (BFH, 16.02.2012, – II B 91/11, BFH/NV 2012, 952).

Praxistipp:

Gegenleistungen, die der Beschenkte für die Schenkung aufbringen muss, mindern den Umfang der Bereicherung. Dies gilt nicht, wenn sie nicht betragsmäßig festgelegt werden können (z.B. bei ideellen Gegenleistungen, vgl. § 7 Abs. 3 ErbStG).

Nach dem Urteil des BFH vom 17.10.2007 (II R 53/05, BStBl II 2008, 256) ist es als freigebige Zuwendung zu beurteilen, wenn ein Ehegatte zu Beginn der Ehe vom anderen Ehegatten als Ausgleich für einen ehevertraglich vereinbarten Teilverzicht auf nachehelichen Unterhalt einen Geldbetrag erhält. Der Teilverzicht stellt hierbei keine die Bereicherung mindernde Gegenleistung dar.

Hinweis:

Die Bereicherung bei der gemischten Schenkung oder Schenkung unter einer Auflage wird nicht mehr durch eine Verhältnisrechnung ermittelt. Statt dessen sind von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Steuerwert der Leistung des Schenkers die Gegenleistungen des Beschenkten und die von ihm übernommenen Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abzuziehen. Hinsichtlich Nutzungs- und Duldungsauflagen ist insoweit jedoch die Regelung des § 10 Absatz 6 Satz 6 ErbStG zu beachten (R E 7.4 Abs. 1 ErbStR 2011).

Erwerbsnebenkosten (z.B. für den Notar, das Grundbuch oder Handelsregister), die im Zusammenhang mit der Ausführung dieser Schenkungen anfallen, sind nunmehr unbeschränkt abzugsfähig (R E 7.4 Abs. 4 ErbStR 2011).

Hinweis:

Zur Behandlung von Erwerbsnebenkosten und Steuerberatungskosten sowie Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit einer Schenkung finden sich Ausführungen in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 16.03.2012 (BStBl I 2012, 338).

2.2 Unentgeltlichkeit der Bereicherung

Ein Erwerb ist unentgeltlich, soweit er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung. Hatte der Empfänger einen rechtlichen Anspruch auf das Erhaltene, so tritt keine Bereicherung ein (R E 7.1 Abs. 2 ErbStR 2011).

2.3 Wille zur Unentgeltlichkeit

Der Zuwendende muss in dem Bewusstsein handeln, dass er zu der Vermögenshingabe rechtlich nicht verpflichtet ist, er also seine Leistung ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftszweck erbringt. Er muss aber nicht den Willen haben, den Bedachten zu bereichern (BFH, 29.10.1997 – II R 60/94, BStBl II 1997, 832).

Für die Annahme des Willens zur Unentgeltlichkeit ist ausreichend, wenn der Zuwendende die Tatsachen und Umstände kennt, auf Grund derer eine Zuwendung als objektiv unentgeltlich qualifiziert werden kann (R E 7.1 Abs. 3 ErbStR 2011).

3. Weitere Tatbestände des § 7 ErbStG

Als Schenkung unter Lebenden gilt auch.:

  • was infolge Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)

  • was jemand dadurch erlangt, dass bei Genehmigung einer Schenkung Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)

    • die Bereicherung, die ein Ehegatte oder ein Lebenspartner bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft – § 1415 BGB – erfährt (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG)

    • was als Abfindung für einen Erbverzicht (§§ 2346 und 2352 BGB) gewährt wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG)

    • was ein Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt herausgibt (§ 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG)

    • der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG); vgl. hierzu BFH vom13.4.2011 (II R 45/09, BStBl II 2011, 732) zur Übertragung von Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung auf eine von ihr gegründete rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts

    • Erwerb bei Aufhebung einer Stiftung oder bei Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG)

    • was als Abfindung für aufschiebend bedingt, betagt oder befristet erworbene Ansprüche, soweit es sich nicht um einen Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 handelt, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird. (§ 7 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG)

    • das Übermaß an Gewinnbeteiligung bei Personengesellschaften (§ 7 Abs. 6 ErbStG)

    • der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt (§ 7 Abs. 7 ErbStG)

    • die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt (§ 7 Abs. 8 ErbStG, s. hierzu die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.03.2012, BStBl I 2012 S. 331).

4. Festsetzung der Schenkungsteuer

Hat der Bedachte die Schenkungsteuer entrichtet und wird sie ihm später auf Grund eines Änderungsbescheids wieder zurückgezahlt – sei es infolge eines Einspruchs, einer Klage oder aus anderen Gründen -, so kann die Steuer dann nicht gegenüber dem Schenker festgesetzt werden. Denn es handelt es sich dabei um Tatsachen, die nicht in der Person des Schenkers eintreten. Somit wirken sie nicht gemäß § 44 Abs. 2 Satz 3 AO für und gegen diesen (BFH, 29.2.2012 – II R 19/10, BStBl II 2012, 489).

Ein Schenkungsteuerbescheid, der mehrere freigebige Zuwendungen zusammenfasst, ist zwar nichtig, wenn er die einzelnen der Besteuerung unterworfenen Lebenssachverhalte nicht konkret bezeichnet. Denn dann mangelt es ihm an einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit (BFH, 15.03.2007 – II R 5/04, BStBl II 2007, 472).

Bleiben dem FA jedoch die Umstände, die es ihm ermöglichen würden, die Steuer für die Einzelzuwendungen getrennt festzusetzen, deshalb unbekannt, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 90 AO, – insb. seine Steuererklärungspflichten nach § 149 Abs. 1 AO – verletzt hat, kann sich das FA darauf beschränken, die Steuer, nach einem einheitlichen Schätzbetrag, der alle Zuwendungen umfassen soll, einheitlich festzusetzen. Dies hat unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums, in dem mehrere der Anzahl und Höhe nach unbekannte Zuwendungen vorgenommen wurden zu geschehen (BFH, 06.06.2007 – II R 17/06, BStBl II 2008, 46).

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