Steuerbefreiungen – Verkauf von Grundstücken
§ 4 Nr. 9a UStG
Die Vorschrift befreit alle Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, um eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Dazu gehören neben den Grundstücksverkäufen auch die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten, die Übertragung im Rahmen von Zwangsversteigerungen sowie die Entnahme von Grundstücken aus dem Unternehmen in das Privatvermögen. Auf diese Steuerbefreiung kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen verzichtet werden (Verzicht auf Steuerbefreiungen).
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die Anwendung des Grunderwerbsteuer-gesetzes Auch wenn danach keine Steuer festzusetzen ist, bleibt die Steuerbefreiung erhalten. Entscheidend ist die Steuerbarkeit hinsichtlich der Grunderwerbsteuer, die Anwendung einer besonderen Befreiung (z.B. §§ 3, 4 GrEStG) hat keine Auswirkung auf die Umsatzsteuer.
Auch die Entnahme eines Grundstückes ist in der Regel von der Umsatzsteuer befreit, sofern die Entnahme nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG steuerbar ist (BMF, 22.09.2008 – IV B 8 – S 7109/07/10002).
Besondere Beachtung verdienen Sachverhaltskonstellationen, bei welchen der vermeintlich Grunderwerbsteuerpflichtige ein unbebautes Grundstück und zusätzlich die Arbeiten für den späteren Bau einer Immobilie von demselben Unternehmen erwirbt. Bei diesem sog. einheitlichen Leistungsgegenstand oder Vertragswerk war nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen (FG Niedersachsen, 02.04.2008 – 7 K 333/06) vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgende Rechtsfrage zu prüfen: Ist die Erhebung von Grunderwerbsteuer auf das komplette Entgelt für Erwerb und künftige Bebauung eines Grundstücks, mithin also auch auf den bereits mit Umsatzsteuer belasteten Entgeltteil für die Bauleistungen, mit dem EU-Recht vereinbar? Das FG Niedersachsen war – entgegen der Rechtsprechung des BFH – der Ansicht, dass diese Frage im Ergebnis zu verneinen war, da ansonsten ein Verstoß gegen das umsatzsteuerliche Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 der Mehrwertsteuer- Systemrichtlinie (RL 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006) vorliege. Die Bedenken des niedersächsischen Gerichts teilte hingegen das FG Münster nicht. In seinem Urteil vom 19.06.2008 (Az.: 8 K 4414/05 GrE) führt der Senat aus, dass der von dem Niedersächsischen FG gerügte Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot aus Art. 401 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht bestehe, da die Grunderwerbsteuer nicht eine unzulässige zusätzliche Mehrwert- oder „Sonderumsatzsteuer“ darstelle.
Der EuGH hat diese Rechtsfrage mit Urteil vom 27.11.2008 (C-156/08) entschieden. Hiernach ist es mit dem EU-Recht vereinbar, wenn beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks künftige Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer mit einbezogen werden, auch wenn auf die Bauleistungen zusätzlich Umsatzsteuer erhoben wird. Die Doppelbelastung solcher Vorgänge mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer ist damit nach Ansicht des Gerichts nicht EU-rechtswidrig.
Bei Lieferungen von Grundstücken im Rahmen einer Zwangsversteigerung liegt eine Lieferung vom Eigentümer an den Ersteigerer vor, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt und somit umsatzsteuerfrei ist. Der Eigentümer kann auf die Steuerfreiheit auch in diesem Fall verzichten. Die Steuerschuldnerschaft für diesen Umsatz verlagert sich dann gem. § 13b UStG auf den Ersteigerer. Er ist somit verpflichtet, die entstehende Umsatzsteuer einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen.
Ausgenommen von der Steuerbefreiung ist die Lieferung von Betriebsvorrichtungen, die in Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft erfolgt. Da insoweit nur der auf Grundstück und Gebäude entfallende Teil des gesamten Kaufpreises der Grunderwerbsteuer unterliegt, ist der restliche Kaufpreis der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Beispiel:
Der Arzt G verkauft ein privat betriebenes Kurheim einschließlich sämtlichen Inventars an den Erwerber Professor B. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung erfolgt nicht. Das Gebäude enthält u.a. mehrere Bäder, die Heilzwecken dienen.
Lösung:
Der Verkauf des Grund und Bodens sowie des Gebäudes ist steuerfrei, er unterliegt der Grunderwerbsteuer. Für das gleichzeitig mitgelieferte Inventar ist durch den G Umsatzsteuer zu entrichten, eine Steuerbefreiung greift grundsätzlich nicht ein. Die Heilzwecken dienenden Bäder stellen Betriebsvorrichtungen dar, die Grunderwerbsteuer wird auf den anteiligen Kaufpreis nicht erhoben. Daher unterliegt der Verkauf insoweit ebenfalls der Umsatzsteuer.
Praxistipp:
Bei einheitlichen Verträgen über Grundstücke, Gebäude, Betriebsvorrichtungen und Inventar sollte bereits im notariellen Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises nach wirtschaftlichen Kriterien auf die einzelnen Bereiche erfolgen, um spätere Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt zu vermeiden.
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