Unrichtiger Steuerausweis
§ 14c Abs. 1 UStG
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
-
3.
-
4.
- 5.
- 6.
1. Allgemeines
Ein unrichtiger Steuerausweis liegt vor, wenn in einer Rechnung eine Steuer gesondert ausgewiesen wird, der ausgewiesene Betrag aber nicht dem gesetzlich für den ausgeführten Umsatz geschuldeten Umsatzsteuerbetrag entspricht. Die tatsächlich anfallende Umsatzsteuer kann höher oder niedriger sein als der ausgewiesene Betrag. Auch in den Fällen, in denen die Umsatzsteuer tatsächlich 0 EUR beträgt, wird unter bestimmten Voraussetzungen von einem unrichtigen Ausweis der Steuer gesprochen. Die Abgrenzung zum unberechtigten Ausweis der Steuer hat durch die neuen Regelungen des Steueränderungsgesetzes 2003 an Bedeutung verloren, da dort nunmehr auch die Möglichkeit einer Rechnungsgerichtigung gegeben ist, vgl.Unberechtigter Steuerausweis.
2. Voraussetzungen
Ein unrichtiger Steuerausweis wird nur angenommenen, wenn die Rechnung von einem Unternehmer ausgestellt wurde, der zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist und keine Fehler hinsichtlich des Rechnungsinhalts aufweist mit Ausnahme des Steuerbetrages. Die Ausstellung durch eine Person, die nicht zum Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist, wird wie die Ausstellung einer Scheinrechnung durch einen berechtigten Unternehmer als unberechtigter Steuerausweis behandelt. Scheinrechnungen sind insbesondere in folgenden Fällen anzunehmen:
Eine Rechnung wird ausgestellt
- a)
ohne eine Leistung zu erbringen,
- b)
über eine andere als die erbrachte Leistung,
- c)
an einen anderen als den Leistungsempfänger.
Wurde lediglich die Steuer wegen eines Rechenfehlers oder eines Irrtums hinsichtlich der steuerlichen Behandlung in der falschen Höhe ausgewiesen, liegt keine Scheinrechnung vor. Typische Fälle hierfür sind Unklarheiten über die Höhe des anzuwendenden Steuersatzes oder hinsichtlich der Frage der Anwendung von Steuerbefreiungen. Außerdem fallen unter diese Vorschrift die Fälle, die wegen fehlenden Entgelts oder einem Leistungsort im Ausland nicht steuerbar sind.
Ein unrichtiger Steuerausweis liegt auch vor, wenn die Rechnung über ein höheres Entgelt ausgestellt wurde als tatsächlich vereinbart und die Steuer von diesem Entgelt berechnet wird (z.B. bei verdeckten Preisnachlässen) oder in Rechnungen über Kleinbeträge der falsche Steuersatz angegeben wird.
3. Folgen eines zu hohen Ausweises
3.1 Folgen für den Rechnungsaussteller
Der Rechnungsaussteller schuldet die gesetzlich entstehende Steuer für den Umsatz unabhängig von der Ausstellung einer Rechnung. Durch die Ausstellung einer Rechnung mit einer höheren Steuer entsteht in Höhe des Unterschiedsbetrages eine zusätzliche Verpflichtung zur Zahlung dieser Differenz.
Beispiel 1
Der Lebensmittelgroßhändler A in Essen verkauft an den Einzelhändler H in Bochum in 2007 eine Partie Fisch zum Preis von netto 2.000 EUR. Da er sich nicht sicher ist, ob die Fische zu den ausgeschlossenen Arten Langusten, Hummer, Austern usw. gehören, berechnet er H in 2008 2.000 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, 380 EUR , insgesamt somit 2.380 EUR.
Lösung:
Unterstellt man, dass es sich um einfache Speisefische handelt, unterliegt die Lieferung des A dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. In 2007 entsteht somit Umsatzsteuer in Höhe von 140 EUR (Basis Nettoentgelt 2.000 EUR). Durch den Ausweis einer höheren Steuer in 2008 entsteht für A eine weitere Umsatzsteuerschuld von 240 EUR (380 EUR ausgewiesen ./. 140 EUR bisher geschuldet).
Beispiel 2
Der Steuerberater W überträgt Ende 2007 seine gesamte Praxis auf seinen früheren Mitarbeiter B. Dieser zahlt dafür 400.000 EUR. Anfang 2008 stellt W eine Rechnung über 400.000 EUR zuzüglich 76.000 EUR Umsatzsteuer aus.
Lösung:
Die Übertragung der Praxis stellt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, die nach § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die von W zu zahlende Steuer auf Grund der Übertragung beträgt somit 0 EUR. Durch die Ausstellung der Rechnung entsteht für ihn die Verpflichtung, den ausgewiesenen Betrag als Umsatzsteuerschuld abzuführen.
3.2 Folgen für den Rechnungsempfänger
Der Rechnungsempfänger kann grundsätzlich die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, soweit er die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen erfüllt. Dies gilt nicht für Steuerbeträge, die höher sind als die tatsächlich geschuldete Steuer. Nach dem Urteil des BFH, 02.04.1998 – V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) ist nur die Vorsteuer abzugsfähig, die gesetzlich für den ausgeführten Umsatz geschuldet wird.
Ein Vorsteuerabzug wird somit immer auf den Steuerbetrag beschränkt, der vom leistenden Unternehmer für den Umsatz unabhängig von der Höhe der ausgewiesenen Steuer geschuldet wird. Ein Abzug der zu Unrecht ausgewiesenen Steuer ist nicht zulässig.
4. Folgen eines zu niedrigen Ausweises
4.1 Folgen für den Rechnungsaussteller
Der Rechnungsaussteller hat die nach dem Gesetz zu zahlende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Diese berechnet sich durch Herausrechnung der Steuer aus dem vom Leistungsempfänger insgesamt gezahlten Bruttobetrag.
Beispiel 3
Der Lebensmittelgroßhändler A in Essen verkauft an den Einzelhändler H in Bochum in 2007 eine Partie Fisch zum Preis von 2.140 EUR einschließlich 7 % Umsatzsteuer, die er in Höhe von 140 EUR in der Rechnung offen ausweist.
Lösung:
Unterstellt man, dass es sich bei den Fischen um Langusten, Hummer, Austern usw. handelt, unterliegt die Lieferung dem vollen Steuersatz. Die geschuldete Umsatzsteuer beträgt somit 19 % aus 2.140 EUR, somit rd. 342 EUR.
4.2 Folgen für den Rechnungsempfänger
Der Vorsteuerabzug ist nur in Höhe des in der Rechnung ausgewiesenen Betrages zulässig. Ist der Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt und hat er mit dem Lieferanten einen Bruttopreis vereinbart, sollte er unbedingt auf eine Berichtigung der Rechnung drängen, da die höhere abzugsfähige Vorsteuer seine Kosten mindert. Bei einer üblichen Nettopreisvereinbarung zieht eine Rechnungsberichtigung eine Nachforderung der Umsatzsteuer nach sich, wirtschaftliche Vorteile für den Rechnungsempfänger ergeben sich nicht.
5. Rechnungsberichtigung
Soweit ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer überhöht ausgewiesen hat, besteht für ihn die Möglichkeit, diese Rechnung zu berichtigen und dadurch die zusätzlich an das Finanzamt abzuführende Steuer zu vermeiden. In der Praxis wird dies regelmäßig auf Grund von Einwendungen des Kunden und Rechnungsempfängers oder nach Feststellung des Sachverhalts durch die Finanzbehörden erforderlich werden.
Eine Berichtigung der Rechnung ist gegenüber dem Empfänger durch schriftliche Erklärung vorzunehmen. Diese Erklärung muss für alle Beteiligten eindeutig und auch durch einen sachverständigen Dritten nachvollziehbar sein. Im Regelfall wird es sich anbieten, eine Berichtigung durch Ausstellung einer neuen Rechnung vorzunehmen, dies in der neuen Rechnung kenntlich zu machen und auf die alte Rechnung zu verweisen. Auch eine Zusammenfassung mehrer Korrekturen in einer Erklärung ist zulässig, soweit für den Empfänger erkennbar ist, um welche Korrekturen es sich im Einzelnen handelt.
Diese Berichtigung muss dem Rechnungsempfänger tatsächlich zugehen. Handelt es sich beim Rechnungsempfänger z.B. um eine GmbH, die bereits erloschen ist, kann eine Berichtigung nicht mehr wirksam zugestellt werden. Eine Änderung der Steuer ist dadurch nicht möglich.
Eine Rückgabe der Orginalrechnung ist grundsätzlich bei der Berichtigung der Rechnung nicht erforderlich. Wird das Entgelt nachträglich in Abstimmung zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger herabgesetzt, braucht der Rechnungsaussteller seine Rechnung nicht gesondert zu berichtigen. Damit erübrigt sich eine Rechnungsberichtigung in allen Fällen von Preisnachlässen, Rabatten oder sonstigen vergleichbaren Entgeltsänderungen.
Ist die Steuer in einer Rechnung zu niedrig ausgewiesen worden, hat der Rechnungsaussteller ebenfalls die Möglichkeit, diese zu berichtigen. Regelmäßig wird es dabei allerdings auch zu einer Preisanpassung kommen, da für den Unternehmer ansonsten die Mehrbelastung an Umsatzsteuer als zusätzlicher Aufwand den Gewinn mindern würde. Für den Rechnungsempfänger hat die Preiskorrektur keine Auswirkung, da dem nachzuzahlenden Preis ein entsprechender zusätzlicher Vorsteuerabzug nach Berichtigung der Rechnung zusteht.
6. Rechnungsberichtigung in besonderen Fällen
Das oben beschriebene Verfahren zur Rechnungsberichtigung ist nicht zulässig, wenn es sich um Fälle der
-
Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG oder
-
Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung im Sinne des § 9 UStG
handelt. Für diese Fälle ist durch das Steueränderungsgesetz 2003 ein besonderes Verfahren geschaffen worden, da es sich in der Regel um sehr große Steuerbeträge handelt.
Die Rechnungsberichtigung in diesen Sonderfällen ist möglich, wenn
-
ein Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger nicht geltend gemacht worden ist oder
-
die zu Unrecht abgezogene Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt worden ist und
-
die Rechnungsberichtigung beim Finanzamt schriftlich beantragt worden ist und
-
das Finanzamt diesem Antrag zugestimmt hat.
Das Finanzamt wird anschließend mitteilen, in welcher Höhe und in welchem Voranmeldungszeitraum die entsprechende Korrektur vorgenommen werden darf.