Versorgungsfreibetrag
§ 19 Abs. 2 EStG
Versorgungsbezüge werden in voller Höhe der Lohnbesteuerung unterworfen. Als Ausgleich wird der sog. Versorgungsfreibetrag gewährt.
Der in § 19 Abs. 2 EStG geregelte Versorgungsfreibetrag bezieht sich nur auf Einnahmen aus einer früheren nichtselbstständigen Arbeit. Er kann mithin nur gewährt werden, wenn die früheren Dienstleistungen in einem Arbeitsverhältnis erbracht worden sind und der Arbeitnehmer aus dem aktiven Dienst ausgeschieden ist (BFH, 18.10.2006 – XI R 45/05). In dem vorgenannten Urteilsfall hatte ein früher selbstständiger Rechtsanwalt vergebens geklagt. Versorgungsbezüge in diesem Sinne sind also nur Arbeitslohnzahlungen, die der Arbeitnehmer im Hinblick auf ein früheres Dienstverhältnis erhält.
Grundlage der Versorgungsbezüge können sein:
-
Öffentlich rechtliche Ansprüche auf Pensionen, Witwen- und Waisengelder etc., die auf Grund beamtenrechtlicher Grundsätze oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gezahlt werden. In diesen Fällen ist das Vorliegen von Versorgungsbezügen nicht vom Erreichen einer bestimmten Altersgrenze abhängig.
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Ermöglicht der Dienstherr zum Abbau von Personalüberhängen Beamten, die das 58. Lebensjahr vollendet und den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, in Form einer Sonderurlaubsregelung unwiderruflich die Freistellung vom Dienst unter Fortzahlung von 70 % der Besoldung bis zur Versetzung in den Ruhestand (sog. 58er-Regelung), so handelt es sich um einen „gleichartigen Bezug“ i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und damit um begünstigte Versorgungsbezüge (BFH, 12.02.2009 – VI R 50/07). Dies gilt aber nicht für Bezüge eines in Altersteilzeit befindlichen Bediensteten, da er auch in der Freistellungsphase noch Bezüge aus dem aktiven Dienstverhältnis erhält.
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Privatrechtliche Ansprüche auf Altersversorgungsleistungen wie Werkspensionen, z.B. von Unterstützungskassen, Pensionen auf Grund vertraglicher Pensionszusagen etc.. Versorgungsbezüge liegen in diesen Fällen nur vor, soweit die Zahlungen nach Erreichen folgender Altersgrenzen zufließen:
– ab 2000: 63. Lebensjahr (bis 1999: 62. Lebensjahr);
– 60. Lebensjahr bei Schwerbehinderten (GdB 50 % ) -
Berufsunfähigkeit
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Erwerbsunfähigkeit
Wegen typischer Beispiele für Versorgungsbezüge wird auf R 19.8 LStR hingewiesen.
Für den Versorgungsfreibetrag gelten beim Lohnsteuerabzug die gleichen Grundsätze wie beim Altersentlastungsbetrag.
Da nach Ablauf der Übergangsphase für die Besteuerung (2040) Beamtenpensionen und Renten steuerrechtlich gleich behandelt werden, werden der Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG = 40 % der Versorgungsbezüge, höchstens 3.000 EUR) für Beamtenpensionen und Werkspensionen sowie der Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG = 40 % des Arbeitslohns ohne Versorgungsbezüge und der positiven Summe der Einkünfte ohne Arbeitslohn; höchstens 1.900 EUR) für übrige Einkünfte schrittweise für jeden ab 2006 neu in Ruhestand tretenden Jahrgang in dem Maße verringert, in dem die Besteuerungsanteile der Leibrenten erhöht werden. Diese Beträge werden für jeden Jahrgang festgeschrieben, d.h. für den einzelnen Pensionär bleibt der bei Eintritt geltende Versorgungsfreibetrag für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs gleich.
Ferner wird bei Beziehern von Beamten- und Werkspensionen der Arbeitnehmer-Pauschbetrag an den Werbungskosten-Pauschbetrag angepasst, der den Empfängern anderer Altersbezüge zusteht (102 EUR). Dies erfolgt in der Weise, dass Bezieher von Beamten- und Werkspensionen ab 2005 nur noch den allgemeinen Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) erhalten. Der Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags entfällt ab 2005.
Um in der Übergangsphase eine übermäßige Belastung durch den Wegfall des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu vermeiden, wird ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag eingeführt, der ebenfalls bis 2040 abgeschmolzen wird (§ 19 Abs. 2 EStG). Die Berücksichtigung des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs wird ab 2008 geändert. Der Zuschlag wird bei der Ermittlung der zu erhebenden Lohnsteuer nur noch in den Steuerklassen I bis V berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 1 EStG). Die Nichtberücksichtigung in der Steuerklasse VI ist wohl gerechtfertigt, weil der Zuschlag den entfallenen Arbeitnehmer-Pauschbetrag ersetzen soll. Dieser ist beim Lohnsteuerabzug aber je Arbeitnehmer nur einmal und zwar in dem nach Steuerklasse I bis V besteuerten ersten Dienstverhältnis zu berücksichtigen. In einem Dienstverhältnis, das nach der Steuerklasse VI zu besteuern ist, darf daher auch der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nicht nochmals abgezogen werden.
Die Abschmelzung des Versorgungsfreibetrags resultiert – steuersystematisch konsequent – aus dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Versorgungsfreibetrag wurde ursprünglich zum Ausgleich der Ungleichbehandlung zwischen Renten und Pensionen eingeführt und war mehrfach erhöht worden, um Besteuerungsunterschiede auszugleichen. Mit einer Angleichung der Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung an Beamtenpensionen verliert er seine Rechtfertigung.
Der maßgebende Vomhundertsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
Jahr des Versorgungsbeginns |
Versorgungsfreibetrag |
Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags in |
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in EUR |
---|---|---|---|
Bis 2005 |
40,0 % |
3.000 |
900 |
ab 2006 |
38,4 % |
2.880 |
864 |
ab 2007 |
36,8 % |
2.760 |
828 |
ab 2015 |
24,2 % |
1.800 |
540 |
ab 2016 |
22,4 % |
1.680 |
504 |
ab 2020 |
16,0 % |
1.200 |
360 |
ab 2021 |
15,2 % |
1.140 |
342 |
ab 2022 |
14,4 % |
1.080 |
324 |
ab 2038 |
1,6 % |
120 |
36 |
ab 2040 |
0,0 % |
0 |
0 |
Hinweis:
Es erfolgt eine Festschreibung für jeden neu eintretenden Jahrgang!
Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs, so z.B. auch die Anpassungen nach § 16 BetrAVG, führen nicht zu einer Neuberechnung des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags zum Versorgungsbezug.
In einer nicht geringen Anzahl von Fällen ändert sich die Höhe eines Versorgungsbezugs im Laufe der Zeit durch besondere Umstände; er kann auch von Anfang an gemindert sein. So werden beamtenrechtliche Versorgungsbezüge gemindert, wenn ein Versorgungsberechtigter daneben noch anderes Einkommen bezieht. Dies sind insbesondere Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen (§ 53 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG)), andere Versorgungsbezüge (§ 54 BeamtVG), Renten (§ 55 BeamtVG) oder Versorgungsbezüge aus zwischenstaatlicher und überstaatlicher Verwendung (§ 56 BeamtVG). Bei Wegfall solcher Anrechungstatbestände erhöht sich der Versorgungsbezug entsprechend. Neben dem Zusammentreffen mit anderem Einkommen haben auch Kürzungen mit familienrechtlichem Ursprung Eingang in das Versorgungsrecht gefunden (§ 57 BeamtVG). Bei nicht beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen können aus ähnlichen Rechtsgründen ebenfalls Kürzungen oder Erhöhungen eintreten (z.B. § 5 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG)). Es wäre – im Vergleich zu einem Zahlungsfall ohne besondere Umstände – nicht sachgerecht, den nach den Verhältnissen bei Beginn des Versorgungsbezugs berechneten Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu Lasten oder zu Gunsten des Versorgungsempfängers in unveränderter Höhe beizubehalten, wenn sich die Versorgungsbezüge auf Grund der besonderen Umstände verringern oder erhöhen. In diesen Fällen erfolgt daher eine Neuberechnung des Freibetrags.
Bemessungsgrundlage für die Neuberechnung ist der geänderte Versorgungsbezug. Für die Bestimmung des Vomhundertsatzes, des Höchstbetrags des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag bleibt das Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs maßgebend. Eine betragsmäßige Änderung ergibt sich im Ergebnis nur dann, wenn der Versorgungsbezug unterhalb der Grenze liegt oder auf Grund der Anrechnung die Grenze unterschreitet, bei der der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags erreicht wird.
Jeder Pensionärsjahrgang – jede Kohorte – behält für die gesamte Laufzeit der Pension den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag, wie er für das Jahr des Pensionsbeginns nach der Tabelle zu ermitteln ist. Allerdings erfolgt bei den Pensionären die Festschreibung des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags nicht erst im Jahr das auf das Jahr des ersten Pensionsbezugs folgt, sondern bereits im Jahr des Erstbezugs.
Beispiel:
Pensionär P erhält Pension seit 2003 = 40.000 EUR.
VZ 2004: Einnahmen = 40.000 EUR abzüglich Versorgungs-Freibetrag (40.000 EUR x 40 %, höchstens 3.072 EUR) 3.072 EUR abzüglich Arbeitnehmer-Pauschbetrag 920 EUR = Einkünfte 36.008 EUR .
VZ 2005: Einnahmen 40.000 EUR abzüglich Versorgungs-Freibetrag (40.000 EUR x 40 %, höchstens 3.000 EUR) 3.000 EUR abzüglich Zuschlag zum Versorgungs-Freibetrag 900 EUR abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag 102 EUR, Einkünfte = 35.998 EUR.
Der Betrag von 3.000 EUR zuzüglich 900 EUR wird festgeschrieben und in den nächsten Jahren von den Bezügen abgezogen.
Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Versorgungsfreibetrages wird der Versorgungsbezug des ersten vollen Monats unter Berücksichtigung voraussichtlicher Sonderzahlungen auf 12 Monate hochgerechnet. Für bereits bestehende Pensionen (Beginn vor 2005) wird der Bezug von Januar 2005 hochgerechnet.
Beispiel:
Beamter A geht am 01.07.2010 in Pension. Seine Versorgungsbezüge betragen monatlich 2.000 EUR brutto. Zum 01.09.2010 erfolgt eine Anpassung auf 2.050 EUR. Für Dezember 2010 hat er Anspruch auf ein Weihnachtsgeld i.H.v. 50 % seiner Versorgungsbezüge.
Versorgungsbezüge 2 x 2.000 EUR = 4.000 EUR + 4 x 2.050 EUR = 8.200 EUR + Weihnachtsgeld 1.025 EUR, Zwischensumme = 13.225 EUR.
Zu ermitteln ist noch der Versorgungsfreibetrag, Grundlage sind die Versorgungsbezüge zu Beginn der Pension, also im Juli 2010:
Bemessungsgrundlage: 12 x 2.000 EUR = 24.000 EUR zzgl. Weihnachtsgeld 1.000 EUR Summe 25.000 EUR, davon 32,0 % = 8.000 EUR , höchstens 2.400 EUR zuzüglich Zuschlag zum Versorgungs-Freibetrag 720 EUR, Summe 3.120 EUR; anteilig zu gewähren mit 6/12 = 1.560 EUR abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag 102 EUR;
zu versteuernde Versorgungsbezüge = 11.563 EUR (13.225 EUR – 1.560 EUR – 102 EUR). Der jährliche Freibetrag wird mit 3.120 EUR festgeschrieben.
Bei Abgeordnetenbezügen als Versorgungsbezüge wird der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nicht berücksichtigt, weil dieser Personenkreis von der Senkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf einen Werbungskosten-Pauschbetrag nicht betroffen ist (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b) EStG).
Hinweis:
Einzelheiten zur steuerlichen Behandlung von Versorgungsbezügen sind dem folgenden BMF-Schreiben zu entnehmen: BMF, 19.8.2013 – IV C 5 – S 2345/08/0001, BStBl. I 2013, 1087.