Vorsteuerabzug

Normen

§ 15 UStG

Information

1. Allgemeines

Die Umsatzsteuer als Mehrwertsteuer soll bei den Unternehmern nur den von ihnen geschaffenen Mehrwert besteuern, ohne den Unternehmer selbst zu belasten. Da eine Einzelermittlung dieses Mehrwerts nur mit erheblichem Aufwand durchzuführen wäre, wird stattdessen die Umsatzsteuer auf jeder Stufe in vollem Umfang erhoben und für Unternehmer durch einen gleichzeitig gewährten Vorsteuerabzug in Höhe der Umsatzsteuer seiner Vorlieferanten auf den tatsächlich von ihm geschaffenen Mehrwert begrenzt. Eine endgültige Belastung soll erst beim Letztverbraucher, der wirtschaftlich Schuldner der Umsatzsteuer ist, eintreten. Dieser kann keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen.

Beispiel:

Der Hersteller von Spielwaren R aus Dortmund kauft verschiedene Einzelteile bei anderen Unternehmern, aus denen er in seinem Betrieb fertige Spielzeugautos macht. Der Materialeinkauf im Monat April macht insgesamt 11.600 EUR aus, die fertigen Spielzeuge verkauft R für 29.000 EUR vollständig im selben Monat.

Lösung:

R muss aus dem Betrag von 29.000 EUR brutto eine Umsatzsteuer von 4.000 EUR, gleich 16 % von netto 25.000 EUR zahlen. Gleichzeitig hat er einen Vorsteuerabzug aus dem Materialeinkauf von 1.600 EUR. Endgültig sind von ihm 2.400 EUR an das Finanzamt zu zahlen. Dies entspricht der Steuer, die auf den von ihm geschaffenen Mehrwert entfällt, nämlich 16 % von netto (25.000 EUR abzügl. 10.000 EUR) 15.000 EUR.

Die Inanspruchnahme eines solchen Vorsteuerabzugs ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Dabei handelt es im Einzelnen um Folgendes:

  1. a)

    es muss ein Unternehmer vorhanden sein,

  2. b)

    es muss eine Leistung durch einen anderen Unternehmer erbracht worden sein, ( Vorsteuerabzug – Leistungsbezug)

  3. c)

    die Leistung muss für sein Unternehmen erbracht worden sein,

  4. d)

    die Umsatzsteuer muss in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden,

  5. e)

    der Vorsteuerabzug darf nicht ausgeschlossen sein. ( Vorsteuerabzug – Ausschluss)

Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen hinsichtlich des Abzugs der Einfuhrumsatzsteuer, der Erwerbsteuer, und des Abzugs von Steuern vor erbrachter Leistung.
Siehe dazu

Vorsteuerabzug – Vorausrechnungen,

Vorsteuerabzug – Einfuhrumsatzsteuer,

Vorsteuerabzug – Erwerbsteuer

Die Unternehmereigenschaft desjenigen, der einen Vorsteuerabzug geltend machen will, muss im Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorliegen. Sie ist grundsätzlich anzunehmen mit Beginn der ersten Vorbereitungshandlungen zur Gründung eines Unternehmens bis zum Ende der letzten Abwicklungsarbeiten bei Einstellung des Unternehmens. Auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung kommt es grundsätzlich nicht an. Personen, die unter die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG fallen, erhalten keinen Vorsteuerabzug.

2. Voraussetzungen

Unternehmer können nur einen Vorsteuerabzug geltend machen, soweit sie Leistungen von anderen Unternehmern beziehen, diese können in Lieferungen oder sonstigen Leistungen bestehen. Ein Vorsteuerabzug aus Leistungen von Privatpersonen, die an den Unternehmer etwas verkaufen oder sonstige Leistungen erbringen, ist nicht zulässig. Ebenso wenig kann ein Vorsteuerabzug aus der erhaltenen Arbeitsleistung der eigenen Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Kleinunternehmer, die ihre Umsätze nach § 19 Abs. 1 UStG besteuern, werden wie Privatleute angesehen, ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich. Landwirte, die unter die Pauschalierung nach § 24 UStG fallen, können als Unternehmer Leistungen erbringen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Der Vorsteuerabzug gilt grundsätzlich nur für Leistungen, die für das Unternehmen erbracht werden. Jeder Unternehmer hat regelmäßig auch eine private Sphäre. In diesem Bereich wird er wie ein Privatmann behandelt, den die Umsatzsteuer endgültig belastet. Eine Ausnahme bilden Erwerbsgesellschaften (AG, GmbH, KG, OHG). Sie besitzen im Regelfall keinen nichtunternehmerischen Bereich, alle bezogenen Leistungen fallen in den Rahmen des Unternehmens. Bei natürlichen Personen berechtigen nur Leistungen, die an das Unternehmen erbracht werden, zum Vorsteuerabzug. Die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmen trifft grundsätzlich der Unternehmer selbst, es sei denn, es handelt sich um Leistungsbezüge, die eindeutig und unmittelbar dem privaten Bereich zugeordnet werden können. Diese Zuordnungsentscheidung wird im Regelfall durch den Vorsteuerabzug ausreichend dokumentiert. ( Vorsteuerabzug – Zuordnung)

Grundsätzlich ist die Vorsteuer nur abziehbar, wenn sie durch den leistenden Unternehmer in einer Rechnung gesondert ausgewiesen wurde. Dies ist grundsätzlich ein Indiz für denjenigen, der die Vorsteuer abziehen will, dass der Aussteller der Rechnung auch zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt war. Sollte sich diese Annahme später als falsch herausstellen, ist der Vorsteuerabzug verloren, einen Vertrauensschutz gibt es nicht. Häufig werden Rechnungen von Privatleuten mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt, oder es treten Personen unter falschem Namen in einer Rechnung auf. Wird ein solcher Sachverhalt durch die Finanzämter im Nachhinein festgestellt, geht der Vorsteuerabzug für den Unternehmer verloren.

Praxistipp:

Eingangsrechnungen sollten vor der Bezahlung sofort auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin überprüft werden, das schließt insbesondere die Richtigkeit der gemachten Angaben, die in einer Rechnung enthalten sein müssen, sowie die richtige Berechnung des Entgelts und der Umsatzsteuer ein. Soweit unrichtige Angaben vorhanden sind oder Angaben fehlen, sollte vor Bezahlung der Rechnung eine Berichtigung verlangt werden und diese auch vorliegen.

Besondere Vorsicht ist bei Bargeschäften mit Personen ohne erkennbaren Geschäftsbetrieb angeraten. Der Einkauf in einem renommierten Kaufhaus wird im Regelfall keine Schwierigkeiten nach sich ziehen, der Kauf eines Fahrzeugs von einem Unbekannten auf einem Gebrauchtwagenmarkt oder die Inanspruchnahme von Leistungen sog. fahrender Händler birgt ein ungleich höheres Risiko hinsichtlich einer späteren Überprüfung des Vorsteuerabzugs.

Sonderregelungen bestehen für

  • Kleinbetragsrechnungen bis 100 EUR,

  • Gutschriften.

(Siehe dazu:

Vorsteuerabzug – Kleinbetragsrechnungen

Vorsteuerabzug – Gutschriften.)

3. Ausschluss

Selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen sind Vorsteuern vom Abzug ausgeschlossen, soweit sie mit Ausgangsleistungen des Unternehmers in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang stehen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Dazu gehören wesentliche Bereiche der steuerfreien Umsätze, nämlich die nach § 4 Nr. 8 ff. UStG steuerfreien Umsätze sowie entsprechende Umsätze im Ausland oder unentgeltliche Umsätze, die ansonsten nach den obigen Vorschriften steuerfrei wären. Teilweise kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug durch Option, also Verzicht auf die Steuerfreiheit, retten.

4. Ausschluss bei gemischt genutzten Grundstücken ab 01.01.2011

Mit dem neuen § 15 Absatz 1b UStG wird der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke (Grundstücke, die sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden) neu geregelt.

Die Regelung des § 15 Absatz 1b UStG stellt einen neuen Vorsteuerausschlusstatbestand dar. Nach § 15 Absatz 1b Satz 1 UStG ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Dem Vorsteuerausschluss unterliegen auch die wesentlichen Bestandteile des Grundstücks, z. B. Gebäude. Hiervon unberührt bleiben Gegenstände, die umsatzsteuerlich keine Bestandteile des Grundstücks oder Gebäudes sind (z. B. Fotovoltaikanlage).

Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke im vollen Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt unberührt.

5. Reisekosten und Fahrzeugkosten bei Privatnutzung

Das mit dem Steuerentlastungsgesetz seit dem 01.04.1999 eingeführte Abzugsverbot für Vorsteuern aus Reisekosten wurde zwischenzeitlich hinsichtlich der Vorsteuern aus Übernachtungs- und Verpflegungskosten modifiziert ( Vorsteuerabzug – Reisekosten.)

Hinsichtlich der Beschränkung des Vorsteuerabzuges auf 50 % bei dem Erwerb von Fahrzeugen ist die Regelung durch die Vorschriften des Steueränderungsgesetzes 2003 aufgehoben worden, sodass die Rechtslage vor dem 01.04.1999 wieder gültig ist. Dass bedeutet, dass grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug möglich ist, im Gegenzug muss die private Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe versteuert werden( Vorsteuerabzug – Fahrzeuge).

6. Vorsteueraufteilung

Tätigt ein Unternehmer sowohl Umsätze, die den Vorsteuerabzug zulassen, als auch solche, die ihn ausschließen, wird bei eingehenden Leistungen grundsätzlich entsprechend der wirtschaftlichen Zuordnung über den Vorsteuerabzug entschieden. Bei allgemein verwendeten Leistungen, z.B. für das Büro, ist eine Vorsteueraufteilung vorzunehmen. ( Vorsteuerabzug – Vorsteueraufteilung)

7. Vorsteuerberichtigung

Hat ein Unternehmer den Vorsteuerabzug für einen Gegenstand, der dem Unternehmen auf Dauer dienen soll, ganz oder anteilig in Anspruch genommen und ändern sich in einem späteren Jahr die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse im Vergleich zum Anschaffungsjahr, hat eine Vorsteuerberichtigung zu erfolgen.

8. Vergütung von Vorsteuern

Der Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nicht auf inländische Unternehmer beschränkt. Ausländische Unternehmer können ihre Vorsteuern, soweit sie im Inland umsatzsteuerlich geführt werden, im normalen Besteuerungsverfahren geltend machen Ansonsten steht ihnen grundsätzlich das Vergütungsverfahren offen, in dem sie sich die angefallenen Vorsteuern erstatten lassen können.( Vergütung von Vorsteuern )

9. Doppelbelastung für Privatpersonen

Privatpersonen, die neue Fahrzeuge an Abnehmer in anderen EG-Mitgliedsstaaten liefern, erhalten nur hinsichtlich der Anschaffung des Fahrzeugs einen Vorsteuerabzug, der eine Doppelbelastung wegen der im anderen Mitgliedsstaat erfolgenden Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ausgleichen soll. Der Vorsteuerabzug ist auf die Steuer begrenzt, die sich ergeben würde, wenn der Verkauf des Fahrzeugs der Umsatzsteuer unterliegt. ( Innergemeinschaftlicher Fahrzeuglieferer)

Der Unternehmer hat Aufzeichnungen über den von ihm geltend gemachten Vorsteuerabzug zu erstellen. Diese Aufzeichnungen ergeben sich in der erforderlichen Form im Regelfall aus der laufenden Geschäftsbuchführung. ( Aufzeichnungspflichten)

Außerdem muss der Unternehmer den Vorsteuerabzug anhand von Belegen nachweisen. Das ist die Originalrechnung oder der zollamtlicher Beleg für die Einfuhrumsatzsteuer. Der Vorsteuerabzug hinsichtlich der durch den Unternehmer vorzunehmenden Erwerbsbesteuerung entsteht zeitgleich mit der Erwerbsteuer, besondere Belege sind grundsätzlich nicht erforderlich. ( Vorsteuerabzug – Nachweis)

Für bestimmte Unternehmer kann der Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen ermittelt werden. Unter diese Sonderregelung (§§ 23, 23a UStG) fallen die in der Anlage zu §§ 69, 70 UStDV aufgeführten Unternehmer sowie die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wegen ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienenden Tätigkeit von der Körperschaftsteuer befreit sind und die nicht zur Buchführung und Bilanzerstellung verpflichtet sind. Bei diesen Unternehmern wird der Vorsteuerabzug ganz oder teilweise mit einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes ermittelt. Die Unternehmer haben allerdings die Möglichkeit, auf diesen Durchschnittssatz zu verzichten und die tatsächlichen Vorsteuern nachzuweisen. Für Landwirte ist in § 24 UStG ebenfalls eine Ermittlung der Vorsteuern nach Durchschnittssätzen vorgesehen. Diese Durchschnittssätze entsprechen den besonderen Umsatzsteuersätzen für Landwirte. Dadurch ergibt sich im Regelfall für diese keine Umsatzsteuerbelastung.

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