Das Finanzgericht Münster hat über mehrere Fragen zur Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten für Zwecke der Erbschaftsteuerbegünstigung nach § 13a ErbStG entschieden.
Bei der Klägerin im ersten Urteilsfall (Az. 3 K 2723/21 F) handelte es sich um eine GmbH, deren Alleingesellschafter 2017 verstarb. In ihrer Lohnsteueranmeldung für März 2017 erklärte die Klägerin, dass bei ihr 11 Arbeitnehmer (einschließlich Aushilfs- und Teilzeitkräften) beschäftigt waren. Zudem hielt die Klägerin 51 % der Anteile an der I-GmbH, die nach einer gesonderten Feststellung des Finanzamtes H-Stadt 2 Personen beschäftigte. Auf Aufforderung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamtes C-Stadt erließ der Beklagte einen zusammengefassten Bescheid, in dem er unter anderem die Anzahl der Beschäftigten der Klägerin auf 12 Personen gesondert feststellte (§ 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG). Hierbei berücksichtigte der Beklagte neben 11 bei der Klägerin selbst beschäftigten Personen entsprechend der Beteiligungshöhe von 51 % einen weiteren Beschäftigten de r I-GmbH.
Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass bei ihr nur 3,15 Personen beschäftigt gewesen seien. Denn die Anzahl der Mitarbeiter sei nicht nach Köpfen, sondern nach Arbeitszeitanteilen zu ermitteln. Die angestellten Personen seien bei ihr nicht vollzeitbeschäftigt und (überwiegend) hauptberuflich bei anderen Arbeitgebern angestellt, da sie nur punktuell und stundenweise Personal benötige. Auch seien diejenigen Mitarbeiter, die wie Saisonarbeiter nur bei entsprechend besonderem Bedarf tätig würden, als überwiegend anderweitig tätige Mitarbeiter für erbschaftsteuerliche Zwecke generell nicht zu berücksichtigen. Selbiges gelte für den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer (zugleich Erblasser).
Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Die Anzahl der Beschäftigten sei anhand der Anzahl der auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten, gezählt nach Köpfen, zu bestimmen. Hierfür spreche bereits der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Sätze 7 und 11 f. ErbStG sowie des § 13a Abs. 4 ErbStG, in denen der Terminus „Anzahl der Beschäftigten“ ohne jede Differenzierung oder Einschränkung verwendet werde. Auch ergebe sich aus der Gesetzeshistorie, dass dem Gesetzgeber die Problematik, ob Beschäftigte nach Köpfen oder unter bestimmten Umständen lediglich anteilig einzubeziehen sein könnten, bewusst gewesen sei. Der Gesetzgeber habe nur bei nachgeordneten Personen- bzw. Kapitalgesellschaften eine anteilige Einbeziehung von Beschäftigten angeordnet (§ 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 11 bis 13 ErbStG). Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass für andere Sachverhalte grundsätzlich eine Zählung nach Köpfen zu erfolgen habe.
Die so ermittelte Anzahl der Beschäftigten von 11 Personen sei auch nicht um den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer zu kürzen. Als Geschäftsführer sei er einzubeziehen, da der Gesetzestext nicht anhand kündigungs- oder sozialversicherungsrechtlicher Kriterien differenziere, sondern in § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG auf die „auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten“ abstelle. Hierzu zähle auch ein Geschäftsführer. Der Einbeziehung stehe auch nicht entgegen, dass der bis zu seinem Tod zu den Beschäftigten des Betriebes zählende Erblasser seine Geschäftsführereigenschaft mit dem Eintritt des Todes verloren habe. Denn die Lohnsummenregelung ziele auf den (abstrakten) Erhalt von Arbeitsplätzen im konkreten Betrieb ab. Auch sei der Gesetzgeber einem Formulierungsvorschlag, die den Erblasser oder Schenker als „Arbeitnehmer“ ausgenommen hätte, nicht gefolgt.
Eine Reduzierung der Anzahl der Beschäftigten sei auch nicht hinsichtlich der geringfügig Beschäftigten oder solcher Angestellten vorzunehmen, die neben ihrer Beschäftigung bei der Klägerin anderweitig beschäftigt waren. Insbesondere könne die Ausnahmeregelung des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG („nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig“) nicht so zu verstehen sein, dass Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte mit einem weiteren Beschäftigungsverhältnis in einem anderen Betrieb bei der Anzahl der Beschäftigten und der Ermittlung der Lohnsumme per se außer Ansatz bleiben sollen. Die Formulierung sei vielmehr so auszulegen, dass sie eine zeitliche Grenze in Bezug auf befristete Arbeitsverträge festlege. Erfasst seien daher nur Beschäftigte mit einem auf höchstens 6 Monate befristeten Arbeitsvertrag, deren Tätigkeit einen betriebsbedingt regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf des Betriebes abdecke.
Im weiteren Urteil (Az. 3 K 2466/21 F) konnte der 3. Senat offenlassen, ob auch bereits die frühere Ausnahmeregelung des § 13a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I 2011, 2131) trotz fehlendem Klammerzusatz „Saisonarbeiter“ dahingehend auszulegen ist, dass dem Merkmal „nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig“ eine zeitliche Begrenzung zukommt.
Der Senat hat jeweils die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
FG Münster, Mitteilung vom 15.11.2023 zu den Urteilen 3 K 2723/21 F vom 10.08.2023 und 3 K 2466/21 F vom 26.09.2023