Wird in einem Bescheid über die Feststellung eines Grundbesitzwertes zum Zwecke der Erbschaftsteuer ein Grundstück so fehlerhaft bezeichnet, dass nicht mehr eindeutig bestimmbar ist, was von der Feststellung genau umfasst sein soll, ist der Bescheid nichtig und kann von Seiten der Finanzbehörde auch ohne Zustimmung des Betroffenen aufgehoben werden. Dies hat das Hessische Finanzgericht bereits am 23.03.2023 entschieden.

Geklagt hatten zwei Erben, die durch Erbfall jeweils zu je ½ Miteigentümer eines Mietwohngrundstücks und eines weiteren land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks geworden waren. Das beklagte Finanzamt schätzte für diese beiden Grundstücke die Grundbesitzwerte und erließ jeweils einen Feststellungsbescheid. Darin wurden die beiden Grundstücke zwar entsprechend ihrer Nutzung bewertet, allerdings stimmte die Lagebezeichnung in beiden Bescheiden überein, sodass das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt davon ausging, dass es sich um ein und denselben Bescheid handelte. Demzufolge legte es lediglich den Grundbesitzwert über das Mietwohngrundstück der Besteuerung zugrunde. Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens fiel dies erstmals auf und das Finanzamt erklärte den ergangenen Bescheid in Bezug auf das land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstück für nichtig. Die Kläger traten dieser Entscheidung entgegen und wollten vor dem Finanzgericht erreichen, dass der ursprüngliche Feststellungsbescheid bestehen bleibt.

Der Einzelrichter hat die Klage abgewiesen.

Nach § 125 der Abgabenordnung sei ein Bescheid nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide und dies offenkundig sei. Die gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte setze voraus, dass klar und eindeutig bestimmt sei, auf welches Grundstück sich die Feststellung beziehe. Dies umfasse auch die exakte Lagebezeichnung. Vorliegend komme erschwerend hinzu, dass beide Grundstücke unter derselben Lagebezeichnung erfasst worden seien, sodass aus dem Bescheid heraus nicht klar erkennbar sei, welcher Wert wofür festgestellt werde. Dass die Kläger ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides hätten, falle insoweit nicht ins Gewicht, da das Finanzamt von Amts wegen eine Nichtigkeitsfeststellung vornehmen dürfe. Ebenso komme es nicht darauf an, aus welchem Antrieb das Finanzamt den Bescheid für nichtig erkläre.

Gegen das Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (Az. II B 27/23) eingelegt worden.

Hintergrundinformation

Wird ein Grundstück geschenkt oder vererbt, muss es nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem Verkehrswert bewertet werden. Aufgrund der Masse an vererbten oder geschenkten Grundstücken ist eine individuelle Bewertung durch einen Gutachter nicht durchführbar. Der Gesetzgeber hat daher typisierende Bewertungsverfahren gesetzlich geregelt, deren Ziel es ist, den Verkehrswert so genau wie möglich zu ermitteln. Der ermittelte Wert wird in einem so genannten Feststellungsbescheid festgesetzt. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in § 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzes und §§ 157 ff. des Bewertungsgesetzes. Dem Steuerpflichtigen steht jedoch die Möglichkeit offen, den Verkehrswert – abweichend von der typisierenden gesetzlichen Regelung – durch ein Verkehrswertgutachten nachzuweisen.

FG Hessen, Pressemitteilung vom 18.12.2023 zum Urteil 3 K 240/22 vom 23.03.2023 (BFH-Az.: II B 27/23)

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