Das Sächsische Finanzgericht hält die Sächsische Regelung zum besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe für unvereinbar mit dem Grundgesetz, weil Ehegatten in den Jahren 2014 und 2015 ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werden als eingetragene Lebenspartnerschaften. Die Regelung verstoße in diesen Jahren gegen den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz). Der 5. Senat des Sächsischen Finanzgerichts hat dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. März 2019 die Frage der Verfassungsmäßigkeit zur Entscheidung vorgelegt.
Dies hat folgenden Hintergrund: Wenn nur ein Ehegatte einer Religionsgemeinschaft angehört, die Kirchensteuer erhebt, wird in Sachsen und in vielen anderen Bundesländern bei einkommensteuerrechtlicher Zusammenveranlagung der Ehegatten (Ehegattensplitting) die Kirchensteuer im wirtschaftlichen Ergebnis auch aus dem Einkommen des nicht kirchenangehörigen Ehegatten erhoben (sog. besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe). Dies wurde bisher als verfassungsgemäß angesehen.
Nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft kam diese einkommensteuerrechtlich zunächst nicht in den Genuss des Ehegattensplittings. Das Splitting wurde erst im Jahr 2013 (rückwirkend für alle offenen Fälle) aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 vom Bundesgesetzgeber eingeführt.
Der Freistaat Sachsen änderte – anders als alle anderen Bundesländer außer Sachsen-Anhalt – sein Landeskirchensteuergesetz zunächst nicht. Dies hatte den Effekt, dass Ehegatten das (erhöhte) Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe bezahlen mussten, eingetragene Lebenspartner aber nicht. Diese Schlechterstellung von Ehegatten beseitigte der Landesgesetzgeber erst mit Wirkung ab 2016. Seit 2016 muss das besondere Kirchgeld auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften bezahlt werden.
Beim Sächsischen Finanzgericht klagt eine kirchenangehörige Steuerzahlerin, die mit ihrem nicht kirchenangehörigen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Sie wendet sich für 2014 und 2015 gegen die Schlechterstellung gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften. Der 5. Senat des Sächsischen Finanzgerichts möchte der Klägerin Recht geben, weil nicht einzusehen sei, warum der Sächsische Gesetzgeber Ehegatten und eingetragene Lebensgemeinschaften nicht schon seit 2014 gleichgestellt habe. Es stehe nicht im Belieben des Gesetzgebers, einen verfassungswidrigen Zustand längere Zeit aufrecht zu erhalten.
Das Sächsische Finanzgericht darf aber die Anwendung eines Gesetzes nicht verweigern, auch wenn es dieses für verfassungswidrig hält. Die Frage der Vereinbarkeit mit der Verfassung muss dann zur Vorabentscheidung dem Bundesverfassungsgericht oder dem Sächsischen Landesverfassungsgericht vorgelegt werden. Das Verfahren beim Sächsischen Finanzgericht wird daher bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt.
Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts: 2 BvL 6/19
(FG Sachsen, Pressemitteilung vom 29.04.2019 zu Beschluss vom 25.03.2019 – 5 K 1549/18)