Nach § 3 Nr. 11 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind u. a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgericht hatte sich – soweit ersichtlich als erstes Finanzgericht – mit der Frage zu befassen, ob auch Zahlungen eines Landkreises an eine Sozialpädagogin für die sozialpädagogische nachmittägliche Betreuung unter diese Befreiungsvorschrift fallen.
Mit Urteil vom 14. April 2020 (9 K 21/19) hat das Finanzgericht entschieden, dass die Geldleistungen des Landkreises nicht als uneigennützig gewährte Unterstützungszahlungen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG anzusehen sind.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die Klägerin, eine Sozialpädagogin, im Rahmen einer Nebentätigkeit für den Landkreis Aufgaben im Rahmen einer sozialpädagogischen nachmittäglichen Betreuung in einer Familie übernommen. Zum Aufgabenbereich gehörten u. a. die Beratung und Unterstützung der Eltern in Erziehungsfragen, die unterstützende Begleitung bei Kontakten zu Behörden, Schulen u. Ä., das Heranführen an Möglichkeiten aktiver Freizeitgestaltung und die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei der Erledigung der Hausaufgaben. Die Honorartätigkeit umfasste im Monat 35 Zeitstunden. Das Honorar betrug 16 Euro pro Stunde. Ferner gewährte der Landkreis eine monatliche Sachkostenpauschale. Das Finanzamt erfasste die Einnahmen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit und berücksichtigte einen Freibetrag von 2.400 Euro gemäß § 3 Nr. 26 EStG. Vergeblich begehrte die Klägerin dagegen eine vollständige Freistellung der Honorare.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar handelte es sich nach seiner Auffassung um öffentliche Mittel im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG. Es bestanden für das Finanzgericht jedoch bereits erhebliche Zweifel, ob die an die Klägerin gezahlten Gelder ausschließlich und unmittelbar dazu bestimmt sind, die Erziehung zu fördern, denn die Klägerin hatte die Familie als Ganzes in verschiedenen Lebensbereichen zu betreuen (Einordnung als flexible Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 2 SGB VII). Diese Frage konnte das Finanzgericht jedoch offen lassen, weil von der Befreiungsvorschrift nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen erfasst werden und diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt war. Die Leistungen sollten vielmehr den zeitlichen und sachlichen Aufwand der Betreuungsperson vollständig durch Stundensätze und monatliche Sachkostenpauschalen abgelten. Im Ergebnis wertete das Finanzgericht die streitbefangenen Zahlungen des Landkreises daher als Entgelt für die vertraglich vereinbarte Betreuungsleistung.
In ähnlicher Weise hatten bereits zuvor das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 26. März 2019, 11 K 3207/17, EFG 2019, 1969, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 13/19) Zahlungen eines Jugendwerkes an eine staatlich anerkannte Jugend- und Heimerzieherin und das FG Münster (Urteil vom 10. Oktober 2019. 6 K 3334/17 E, EFG 2020, 248, Rev. zugelassen) Geldleistungen zur Anerkennung der Förderleistung einer Tagespflegeperson beurteilt.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat in der Sache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Niedersachsen, Mitteilung vom 20.05.2020 zu Urteil vom 14.04.2020 – 9 K 21/19)