Erwirbt der Bedachte durch Vermächtnis das Recht, von dem Beschwerten den Abschluss eines Kaufvertrags über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu fordern, unterliegt der Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer. Das hat der BFH entschieden.
Die Richter erklärten, eine Steuerbefreiung nach den Bestimmungen für Erwerbe von Todes wegen scheide aus, da Rechtsgrund des Übereignungsanspruchs der Kaufvertrag sei und nicht das Vermächtnis. Ob ein Vermächtnis einen Anspruch auf Übereignung oder ein Recht auf Abschluss eines Kaufvertrags gewähre, sei durch Auslegung des Vermächtnisses zu ermitteln.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Schwester des Klägers erwarb als Alleinerbin nach dem Tod des Vaters u.a. eine Eigentumswohnung und wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Zugunsten des Klägers hatte der Vater u.a. folgendes Vermächtnis angeordnet: „Ich vermache meinem Sohn ein Ankaufsrecht an meiner Eigentumswohnung im Haus M. Der Ankaufspreis entspricht dem Verkehrswert der Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts.“ Mit notariell beurkundetem Vertrag erwarb der Kläger die Eigentumswohnung zu dem seinerzeit aktuellen Verkehrswert in Höhe von 45.000 Euro. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.250 Euro fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung führte das erstentscheidende Finanzgericht Köln (Urteil vom 28.10.2015, Az. 5 K 585/14) aus, der Grundstückserwerb sei nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Zwar sei der Erwerb durch Kaufrechtsvermächtnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 3 Nr. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) grundsätzlich grunderwerbsteuerbefreit. Anders verhalte es sich allerdings, wenn dem Bedachten nur das Recht eingeräumt sei, das Grundstück zum Verkehrswert zu kaufen. Dann habe das Vermächtnis keinen Zuwendungscharakter, sondern nur instrumentale Bedeutung. Erbschaftsteuerrechtlich sei ein solcher Fall mangels Bereicherung des Bedachten nicht relevant. Eine Befreiung des Erwerbsvorgangs von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG scheide aus. Denn Ziel der Vorschrift sei die Vermeidung der Doppelbesteuerung desselben Lebenssachverhalts mit Erbschaftsteuer und mit Grunderwerbsteuer.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG. Ob der Erwerb von Todes wegen Erbschaftsteuer auslöse, sei für die grunderwerbsteuerrechtliche Betrachtung ohne Belang. Das Finanzamt beantragte, die Revision als unbegründet zurückzuweisen – was der BFH mit dem vorliegenden Urteil getan hat.
Der Erwerb des Grundstücks durch den Kläger von seiner Schwester aufgrund des ihm vom Vater vermachten Ankaufsrechts ist nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Eine Steuerbefreiung ist ebenso wenig nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG oder § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG gegeben.
(BFH, Urteil vom 16.1.2019 – II R 7/16)