Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass der Abzug von Aufwendungen einer Religionslehrerin für eine Israelreise als Werbungskosten nicht in Betracht kommt, wenn die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst ist und sich die beiden Veranlassungsbeiträge nicht nach objektiven Kriterien trennen lassen.
Die Klägerin unterrichtet unter anderem das Fach Religion an einem katholischen Privatgymnasium. In den Herbstferien 2019 nahm sie an einer vom Schulträger, dem Bistum, organisierten Studienfahrt nach Israel teil, die ausschließlich für Religionslehrer/innen veranstaltet wurde. Das Programm der einwöchigen Reise umfasste unter anderem Jerusalem, Yad Vashem, Haifa, Nazareth, Kana, das Tote Meer, den See Genezareth und mehrere Gottesdienste.
Das Finanzamt erkannte den von der Klägerin geltend gemachten Werbungskostenabzug für den von ihr selbst getragenen Reisepreis sowie für Mehraufwendungen für Verpflegung nicht an, da sich die Reise nicht von einer allgemein-touristischen Reise unterscheide. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass sich das Konzept der Studienreise an den Lehrplänen des Landes Nordrhein-Westfalen und der Schule orientiert habe und sie die Erkenntnisse, die für ihre Unterrichtsgestaltung von Belang gewesen seien, in ein auf den Unterricht abgestimmtes Reisetagebuch habe eintragen können. Ferner seien die besuchten Orte für die christlichen Religionen von herausragender Bedeutung.
Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Er ist dabei zunächst davon ausgegangen, dass die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst gewesen sei. Die berufliche (Mit-)Veranlassung sei durch das von der Klägerin vorgelegte Konzept der Reise, das Reisetagebuch und die Lehrpläne belegt, denn hieraus ergebe sich, dass die Reise für den Beruf der Klägerin förderlich gewesen sei.
Allerdings sei die Reise auch privat veranlasst gewesen. Dies folge zunächst aus dem Programm, das nahezu ausschließlich Ziele von allgemein-touristischem und kulturellem Interesse enthalte, die typischerweise auch von privaten Israel-Touristen besucht würden. Hiergegen sprächen auch die während der Reise besuchten vier Gottesdienste nicht, denn Gottesdienstbesuche seien in erster Linie Ausdruck der höchstpersönlichen Religionsausübung. Der Bezug zum persönlichen Glauben ergebe sich auch aus den in der Dokumentation angegebenen Zwecken des Reisetagebuchs. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitgeber der Klägerin nicht an den Kosten beteiligt und sie nicht für die Reise vom Unterricht freigestellt habe.
Die beruflichen und die privaten Veranlassungsmomente der Reise könnten jeweils nicht als von untergeordneter Bedeutung angesehen werden. Sie seien aber auch nicht nach objektiven Kriterien trennbar, da kein Programmpunkt eindeutig ausschließlich dem beruflichen oder dem privaten Bereich zugeordnet werden könne. Insbesondere sei keine Abgrenzung nach Zeitanteilen möglich.
FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2022 zum Urteil 1 K 224/21 vom 27.01.2022