Räume in einer Schweizer Taxi-Zentrale können eine Betriebsstätte und infolgedessen die gewerblichen Einkünfte im Inland steuerfrei sein. Das entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg, ließ die Revision jedoch zu.
Der Kläger mit Familienwohnsitz im Inland erzielt aus einer im Handelsregister eines Schweizer Kantons eingetragenen Firma „Betrieb eines Taxiunternehmens“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hat einen in der Schweiz ausgestellten Führerschein, eine Schweizer Taxilizenz und drei von der Kantonspolizei ausgestellte Taxihalterbewilligungen „A“. A-Taxis sind öffentliche Standplätze vorbehalten und zum Parken auf öffentlichen Parkplätzen berechtigt. Der Kläger ist Genossenschaftsmitglied der Taxi-Genossenschaft, einem Zusammenschluss selbständiger Taxihalter zu einer Funkzentrale, über die die Fahraufträge abgewickelt werden. Er hat seinen Taxibetrieb am Geschäftssitz der Taxi-Genossenschaft angemeldet. Als Genossenschafter ist er verpflichtet, „nach Möglichkeit von den Einrichtungen der Genossenschaft Gebrauch zu machen (Treuepflicht)“.
In den Streitjahren 2009 beschäftigte der Kläger fünf und 2010 vier angestellte Taxifahrer. Das beklagte Finanzamt unterwarf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der inländischen Besteuerung. Der Kläger habe keine Betriebsstätte in der Schweiz. Er leite das Taxiunternehmen von seiner inländischen Privatwohnung aus. Dies bestreitet der Kläger. Er erledige seine Büroarbeiten in der Taxizentrale in der Schweiz. Er könne dort einen Arbeitsplatz nutzen und verfüge alleine über einen Standcontainer. Während des Klageverfahrens erkannte das beklagte Finanzamt eine Vertreterbetriebsstätte in der Schweiz an und teilte im Schätzungswege den Gewinn auf die Schweizer und die inländische Betriebsstätte auf. Diese Vorgehensweise entspreche der im Verständigungsverfahren mit der Schweiz getroffenen Verständigungsvereinbarung. Dieser hatte der Kläger nicht zugestimmt.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers seien steuerfrei und nur bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen (sog. Progressionsvorbehalt). Der Kläger unterhalte in den Räumen der Taxi-Zentrale „die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche feste Geschäftseinrichtung“. Er habe das Recht, das den Taxiunternehmern zur Verfügung gestellte Büro mit Postfach für den Kläger für eigene betriebliche Handlungen zu nutzen und werde hierzu auch durch die „Treuepflicht“ ermuntert. Die Mitnutzungsmöglichkeit des Arbeitsplatzes begründe „im Falle des Klägers deshalb eine ausreichende dauerhafte Verfügungsmacht, weil sie sich durch den ausschließlich“ diesem überlassenen Standcontainer, der mit dem Firmenschild des Klägers beschriftet sei und zu dem nur dieser Schlüsselgewalt habe, „besonders manifestiert“. Der Kläger nutze den Schreibtisch mehr als sechs Monate regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche. Er erledige dort Telefonate, sonstige Korrespondenz, die Bezahlung von Rechnungen sowie Vorarbeiten für die Buchführung und die Steuererklärungen, die eine Schweizer Steuerberatungsgesellschaft erstelle. Bei diesen Tätigkeiten handle es sich um für das Unternehmen regelmäßig anfallende, mit dem Betrieb eines Unternehmens notwendigerweise einhergehenden Tätigkeiten administrativer Art, die nicht nur vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten seien. Auch „untergeordnete betriebliche Vorgänge“ könnten zum Vorliegen einer festen Einrichtung führen. Liege eine Betriebsstätte vor, erfasse diese sämtliche Unternehmensgewinne. Die gewerblichen Einkünfte des Klägers seien vollumfänglich der Schweizer Betriebsstätte zuzurechnen. Das Gericht sei nicht an das Ergebnis des Verständigungsverfahrens gebunden.
Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 07.12.2021 zum Urteil 3 K 589/19 vom 14.10.2021