Controlling-Lexikon

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EG-Öko-Audit-Verordnung

1. Überblick

Umweltschutzmanagement ist heute mehr als nur ein Modewort. Es findet sich kaum noch ein Produkt in den Verkaufsregallen, auf dessen Verpackung nicht irgendein Hinweis zur Umweltverträglichkeit gedruckt ist. Zunehmend wird auch von Zulieferern eine Erklärung zur Umweltrelevanz ihrer Produkte erwartet. Lieferanten, die hier keine Auskunft erteilen können, bekommen mittelfristig Absatzprobleme.

Moderne Unternehmen haben frühzeitig erkannt, dass man mit der Natur verantwortlich umgehen muss. Diese Unternehmen machen uns heute vor, dass Umweltschutz nicht unbedingt etwas mit Kostensteigerung (Umweltschutzkosten) zu tun hat. Ganz im Gegenteil, denn durch den sparsamen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, den sparsamen Einsatz belasteter Einsatzstoffe oder durch Verwendung umweltverträglichen Materialien konnten viele Unternehmen deutlich ihre Kosten reduzieren (Öko-Controlling).

In den letzten Jahren hat auch der Gesetzgeber die Notwendigkeit erkannt, umfassende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu treffen. Inzwischen sind ausführliche Regelwerke in Kraft getreten und ein Ende der Gesetzesflut ist noch nicht abzusehen. Für den Unternehmer stellt sich daher sowohl die Aufgabe, ein wirksames und zugleich wirtschaftliches Umweltschutz-Management-System zu realisieren als auch den Überblick über die relevanten Verordnungen nicht zu verlieren.

2. Entstehung der Öko-Audits

Die rechtliche Grundlage für die Durchführung eines Öko-Audits ist eine Verordnung der Europäischen Union. Es handelt sich hierbei um die Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Betriebsprüfung, die im Allgemeinen kurz als EG-Öko-Audit-Verordnung bezeichnet wird.

Anmerkung:

Audits stammen ursprünglich aus dem Bereich der Revision. So wurden und werden Financial Audits als analytisches Kontrollinstrument eingesetzt, um den Nutzen interner Überprüfungsmechanismen zu untersuchen und durch Stichproben zu bestätigen. In anderen Unternehmensbereichen wurde das Audit-Instrument eingesetzt und unter anderem als Management-Audit (zur Kontrolle der gesamten Managementleistung) sowie als Social Audit (eine auf die Gesellschaft bezogene Rechnungslegung) angewandt.

In Deutschland wurde das Instrument des Öko-Audit erst durch die Arbeiten der Europäischen Gemeinschaft an einer Verordnung zu einem Umweltmanagement- und -betriebsprüfungssystem bekannt. Es existiert als Grundlage des betrieblichen Umweltschutzes jedoch schon seit über 20 Jahren.

Erfunden wurde das Öko-Audit nicht von der Europäischen Gemeinschaft sondern von Industrieunternehmen in den USA. Hintergrund waren einige große Umweltkatastrophen in den sechziger und Siebzigerjahren, wie zum Beispiel Seveso (1976), Bophal, die Havarien der Torry Canyon (1967) und der Amoco Cadiz (1978). Diese großen Umweltkatastrophen, Industriestörfälle und die ersten Forschungsberichte in den Siebzigerjahren führten zu einem langsamen, aber stetigen Umdenken mit der Konsequenz, dass man begann, die Begrenztheit der Rohstoffe in die wirtschaftliche Denk- und Handlungsweise mit einzubeziehen.

Den Anfang machten die chemische und die Autoindustrie, indem sie den Umweltschutz in betriebliche Abläufe eingliederten. Dies geschah mit dem „Environmental Auditing“ – dem Öko-Audit. So fand die Umweltgesetzgebung der USA im National Environmental Policy Act(NEPA) von 1969 ihren Ursprung. Weitere Umweltschutzgesetze schlossen sich in rascher Folge an.

In Europa hat sich ein Umweltbewusstsein und Handeln etwa zur selben Zeit entwickelt. Auch hier traten Umweltkatastrophen auf und die Öffentlichkeit begann sich in Umweltschutzverbänden und Bürgerinitiativen zu organisieren. Mit einer entsprechenden Umweltschutzgesetzgebung reagierte die Europäische Gemeinschaft nur etwas später als die USA. Zu nennen ist hier vor allem das „Erste Aktionsprogramm für den Umweltschutz 1973“. Diesem Programm folgten weitere Initiativen, deren Inhalt sich kontinuierlich von einer nachsorgenden zu einer vorsorgenden europäischen Umweltpolitik entwickelte.

Eine Systematik zum Öko-Audit wurde zum ersten Mal Ende der Achtzigerjahre veröffentlicht: Die Internationale Handelskammer (International Chamber of Commerce – ICC) veröffentlichte 1989 das „ICC-Positionspapier zu Umweltschutz-Audits“. Der Begriff des „Umweltschutz-Audit“ wird synonym zu „Öko-Audit“ verwendet.

In Europa setzte Großbritannien zuerst die Systematisierung des Öko-Audits um und entwickelte Ende der Achtzigerjahre eine britische Norm für Umweltmanagementsysteme: Den British Standard (BS)7750. Dieser Standard gibt eine Anleitung für die Einführung eines Umweltmanagementsystems. Seitdem haben sich in Großbritannien viele Unternehmen nach dieser Umweltmanagementnorm zertifizieren lassen.

Anmerkung:

Diese Tatsache bleibt bei der Betrachtung aktueller Zahlen nach der EG-Öko-Audit-Verordnung leider häufig unberücksichtigt und lässt somit britische Unternehmen in einem ungleichen Licht erscheinen.

Anfang der Neunzigerjahre entwickelte schließlich die International Organization for Standardization(ISO) eine internationale Norm für Umweltmanagementsysteme: Die ISO 14000 ff. Seit 1996 kann diese Norm alternativ zur EG-Öko-Audit-Verordnung angewendet werden (ISO 9000 ff.).

Anmerkung:

Zuerst sollte die bereits bestehende Normenreihe für Qualitätsmanagement, die ISO 9000ff, nur um den Umweltaspekt erweitert werden. Dieser Ansatz konnte sich allerdings nicht durchsetzen und es entstand somit eine eigenständige Normenreihe, die eine Anleitung für Unternehmen darstellt, die ein Umweltmanagementsystem einführen und aufrechterhalten wollen. Die ISO 14000 ff. ist im Gegensatz zur EG-Öko-Audit-Verordnung in ihren Ausführungen wesentlich stärker prozessorientiert (ISO 9000 ff.).

Einige Unternehmen führen ein Umweltmanagementsystem nach der ISO 14000 ff. ein (zum Beispiel wenn sie sehr international operieren), ergänzen es dann aber um die von der EG-Öko-Audit-Verordnung zusätzlich geforderten Elemente und lassen sich nach beiden Systemen registrieren.

3. Konzeptioneller Überblick über die EG-Öko-Audit-Verordnung

Mit Öko-Audit bezeichnet man die freiwillige Beteiligung von gewerblichen Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. In der internationalen Diskussion wird der Begriff „Environmental Management and Audit Scheme(EMAS)“ verwendet, der mit der vorangegangenen EG-Öko-Audit-Verordnung identisch ist. Das (deutsche) Umwelt-Audit-Gesetz(UAG) ist ein Ausführungsgesetz zu dieser EG-Verordnung und seit dem 07.12.1995 in Deutschland gültig.

Prinzipiell handelt es sich bei der EG-Öko-Audit-Verordnung um den Anfang einer neuen Phase des betrieblichen Umweltschutzes in Deutschland. Mit diesem Gemeinschaftssystem, das sich insbesondere durch die „Eigenverantwortung der Unternehmen“ und die „Freiwilligkeit von Umweltschutzmaßnahmen“ kennzeichnen lässt, soll die ständige Förderung des betrieblichen Umweltschutzes insbesondere durch Einführung eines Umweltmanagementsystems in die betrieblichen Abläufe erreicht werden. Am System teilnehmende Unternehmen erhalten nach einer externen Prüfung die Erlaubnis, für sich mit einem EG-Umwelt-Logo zu werben, um sich so gegenüber nicht teilnehmenden Betrieben einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Teilnahmeberechtigt sind alle Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Energie- und Entsorgungsunternehmen. Im Einzelnen zählen hierzu insbesondere folgende Sparten:

  • Verarbeitendes Gewerbe

  • Metallerzeugung und -bearbeitung

  • Maschinenbau

  • Büromaschinen, Datenverarbeitung, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik

  • Fahrzeugbauindustrie

  • Chemische und Pharmaindustrie

  • Gummi- und Kunststoffwarenindustrie

  • Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden

  • Ernährungsgewerbe, Tabakverarbeitung, Textilgewerbe

  • Holz-, Papier-, Verlags- und Druckereigewerbe

  • Kokerei, Mineralölverarbeitung

  • Herstellung sonstiger Erzeugnisse (zum Beispiel Sportgeräte, Spielwaren)

  • Erzeugung von Strom, Gas, Dampf und Heißwasser

  • Recycling, Behandlung, Vernichtung oder Endlagerung von festen und flüssigen Abfällen

  • Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

Es ist beabsichtigt, künftig auch nicht gewerbliche Sektoren wie Dienstleistungs- und Handelsbetriebe zur Teilnahme zuzulassen.

Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Zertifizierung durch staatlich zugelassene Umweltgutachter zu organisieren. Die Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter(DAU) lässt die Umweltgutachter zu. Besitzt allerdings eine Firma zum Beispiel ein Werk in NRW, ein zweites in Sachsen und ein drittes in Hamburg, kann nicht das gesamte Unternehmen zertifiziert werden, sondern nur jeder einzelne Standort. Da die Europäische Union daran interessiert ist, Wettbewerbsnachteile ihrer Unternehmen zum Beispiel gegenüber amerikanischen oder asiatischen Konkurrenten zu vermeiden, sind auch internationale Normen als gleichwertig mit der EG-Öko-Audit-Verordnung anerkannt.

4. Ziele und Anforderungen

Im Rahmen des Öko-Audits steht nicht die Prüfung des Unternehmens – der Unternehmens-Check – im Vordergrund. Bei der Umsetzung soll vielmehr auf freiwilliger Basis die ökologische Situation eines Betriebsstandortes untersucht und unter Einführung eines Umweltmanagementsystems verbessert werden. Durch eine Bestandsaufnahme soll ein Soll-Ist-Vergleich in einem Unternehmen ermöglicht und daraus Korrekturmaßnahmen abgeleitet werden (Öko-Audit).

Anmerkung:

Anders als das EG-Umweltzeichen (oder EG-Öko-Label), das auf einer Verordnung von 1992 beruht und umweltverträgliche Produkte kennzeichnet, wird beim Öko-Audit ein Betriebsstandort auf seine Umweltschutzmaßnahmen und Umweltverträglichkeit hin untersucht. Das Öko-Label ist also produktbezogen und standortübergreifend, während das Öko-Audit standortbezogen und produktübergreifend wirkt.

Die Verordnung verdeutlicht, dass das Öko-Audit nicht isoliert als Einzelinstrument, sondern als ein Teilelement eines Gesamtsystems aufzufassen ist. Prinzipiell kann es nur in Unternehmen durchgeführt werden, die bereits über ein Managementinstrumentarium verfügen, mit dem sie ihr Umweltverhalten festlegen, planen und überwachen. Zwar sind einige Systemelemente zwingend vorgeschrieben – es interessiert aber nicht, ob eine bestimmte Auflage erfüllt wird oder ob eine bestimmte Anlage ordnungsgemäß arbeitet. Vielmehr geht es primär um die Feststellung, ob auf operativer Ebene das gesamte betriebsspezifisch gestaltete Umweltmanagementsystem bzw. die Umweltorganisation gemäß den selbstgesetzten Zielen und Vorgaben funktioniert.

Die konkrete Zielsetzung, die mit Öko-Audits verfolgt wird, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert. Waren Audits ursprünglich lediglich ein Mittel, um die Einhaltung der zahlreichen Umweltschutzvorschriften sicherzustellen, so besteht heute die Zielsetzung vor allem darin, umfassend alle Möglichkeiten zur ökonomisch effizienten Umweltentlastung und Emissionsvermeidung zu erheben und zugleich die Grundlage für ein qualifiziertes Umweltmanagement und Umweltcontrolling (Öko-Controlling) zu schaffen. Dies soll erreicht werden durch (vgl. EMAS-VO: Art. 1 Abs. 2):

  • Festlegung und Umsetzung standortbezogener Umweltpolitik, -programme und -managementsysteme durch die Unternehmen

  • Systematische, objektive und regelmäßige Bewertung der Leistung dieser Instrumente

  • Bereitstellung von Informationen über den betrieblichen Umweltschutz für die Öffentlichkeit (Umweltberichterstattung)

Die EG-Öko-Audit-Verordnung gibt keine bestimmten Emissionsgrenzwerte vor, welche von den Unternehmen mindestens eingehalten werden müssen. Die teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich allerdings, alle einschlägigen Umweltvorschriften einzuhalten und angemessene kontinuierliche Verbesserungen des betrieblichen Umweltschutzes anzustreben. Diese Pflichten zielen darauf ab, die Umweltauswirkungen in einem solchen Umfang zu verringern, wie es sich mit der wirtschaftlich vertretbaren Anwendung der besten verfügbaren Technik erreichen lässt.

Eine weitere Verpflichtung betrifft die Anwendung der so genannten guten Managementpraktiken. Mit ihnen werden organisatorische Vorsorgemaßnahmen beschrieben, mit denen Umweltauswirkungen an der Quelle vermieden werden sollen.

Schließlich sollten Unternehmen auf Basis der Ergebnisse der Umweltprüfung und späteren Audits weitgehend quantitative Zielvorgaben für die einzelnen Abteilungen definieren, deren Erfüllung in der nächsten Periode überprüft wird. Durch diesen Kreislauf soll das Ziel der kontinuierlichen Verbesserung der Umweltauswirkungen erreicht werden.

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